Neue Ausrichtung der Deutschen Welle

Vorwürfe über China-Berichterstattung haltlos

Auf eine „grundsätzliche Neuausrichtung des deutschen Auslandsrundfunks“ haben sich der Intendant der Deutschen Welle, Erik Bettermann, und der Rundfunkrat unter Leitung von Valentin Schmidt geeinigt. Harmlos ist das Dokument mit „Fortschreibung und Perspektiven 2010–2013“ betitelt, doch im Kern geht es um massive Umbrüche.

Mit einer „Multiplattform-Strategie“ und verstärkt fremdsprachigen Angeboten für „Informationssuchende“ auf allen Kontinenten sowie insgesamt 78 Millionen Euro mehr Steuergeld will die Deutsche Welle bis 2013 den Rückstand zu Konkurrenten wie BBC World aufholen. Bislang ist der DW-Etat vom Bund auf 275 Millionen Euro pro Jahr festgelegt. Nach der Zustimmung des Rundfunkrates Ende November und der des Verwaltungsrates Anfang Dezember geht der Perspektiv-Plan laut Bettermann „als Diskussionsgrundlage“ dem Bundestag zur Erörterung zu. Mit einem Beschluss ist erst nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 zu rechnen.
Da die neue Kernzielgruppe der „Informationssucher“ „vorzugsweise landessprachige Angebote oder Englisch als lingua franca“ nutze, will DW einen auf Länder und Regionen abgestimmten Mix aus verschiedenen, zielgerichteten Angeboten (Radio, TV, Online) verbreiten. Von herausragender Bedeutung seien Multimedialität und Multilingualität. Für DW-TV soll es sieben Regionalprogramme geben, die parallel in einer Fremdsprache wie englisch, russisch, arabisch oder spanisch sowie in deutsch ausgestrahlt werden. Als erstes wird 2009 die Asien-Berichterstattung in einem Test angepasst, folgen sollen Lateinamerika und die GUS/Russland, wobei Kooperationen und Koproduktionen mit Partnern angestrebt werden. Die Parallelausstrahlung soll die stündliche Programmrotation auf einem Kanal in verschiedenen Sprachen ersetzen. Zweites DW-Standbein sind Hörfunk und Online, wobei die bislang getrennten Bereiche schon ab 2009 zu „multimedialen Redaktionen“ zusammengelegt werden. „Moderne Programmmodule“ sollen sowohl UKW-tauglich wie auch für Abrufangebote geeignet sein. Als dritten Schwerpunkt sieht sich die Deutsche Welle als „Partner für die Entwicklung freiheitlich orientierter Medienmärkte“ und unterstützt dies durch DW-Akademie. Sie soll bis 2013 zum „führenden internationalen Anbieter von Trainings- und Beratungsmaßnahmen für elektronische Medien in Entwicklungs- und Transformationsstaaten ausgebaut“ werden.
Zugleich haben Bettermann und Schmidt Vorwürfe gegen die DW-China-Berichterstattung im Hörfunk und Internet unter Berufung auf „Übersetzungen unabhängiger Büros“ als „haltlos und nicht hinnehmbar“ zurückgewiesen. Laut dem Intendanten werden bis Weihnachten noch „drei journalistische Gutachten zu Einzelbeiträgen“ vom ehemaligen „Tagesthemen“-Moderator Ulrich Wickert erstellt. Sie sollen neben der „sprachlich komplizierten Übertragung mit erheblicher Deutungsbreite auch die journalistisch-handwerkliche Leistung und Selektion“ beurteilen. Zur der als stellvertretende China-Redaktionsleiterin abgesetzten Journalistin Zhang Danhong sagte DW-Rundfunkratsvorsitzender Schmidt, sie habe sich für „Fehler bei ihren Interview-Auftritten“ beim Deutschlandfunk und ZDF/Illner-Talk entschuldigt und bleibe Redakteurin bei der Deutschen Welle. Die Redakteurin sei aufgrund ihrer guten Arbeit geschätzt und ein „Beispiel für gelungene Integration“. Damit sei „für den Rundfunkrat die Angelegenheit erledigt“.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Digitalabgabe könnte Schieflage ausgleichen

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die vom Staatsminister Wolfram Weimer geäußerten Pläne für eine Digitalabgabe, die Big-Tech-Unternehmen mit digitalen Plattformdiensten in Deutschland zu entrichten hätten. Wie unter anderem der Spiegel berichtet, überlegt die Bundesregierung, eine Digitalabgabe einzuführen. Diese könnte Unternehmen wie Google und Meta dazu verpflichten, einen festen Prozentsatz ihrer Werbeeinnahmen abzuführen.
mehr »

Gleichstellungsbeauftragte im ÖRR stärken

Das Bekenntnis zur Gleichstellung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zeigt sich unter anderem im Vorhandensein von Gleichstellungsbeauftragten. Grundlage ist die jeweils entsprechende gesetzliche Regelung der Bundesländer, in denen die Sender angesiedelt sind. Gleichstellungsbeauftragte sollen nach dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG), die Beschäftigten vor Benachteiligungen aufgrund ihres Geschlechtes zu schützen und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz durchzusetzen.
mehr »

Die ganz große Verweigerung

Der  öffentlich-rechtliche Rundfunk war schon immer Hassobjekt der Rechten. Auf politischer Ebene wollen sie ihn abschaffen, am Stammtisch wird gegen ARD und ZDF gehetzt. In Sozialen Medien oder in Chatgruppen geht es richtig zur Sache. Dort treffen sich sogenannte Rundfunkverweigerer. Ralf Hohlfeld und Vivian Stamer beschäftigen sich an der Uni Passau mit den Bereichen Journalistik und Strategische Kommunikation. Für ihre Studie haben sich die beiden auf die Suche nach sogenannten Rundfunkverweigerern gemacht.
mehr »

Eine Medienplattform für Europa

Für ARD und ZDF war es eine richtungsweisende Entscheidung, als sie vor einem Jahr mitteilten, ihre Mediathek-Software gemeinsam entwickeln zu wollen. Mit im Boot ist inzwischen auch das Deutschlandradio. Unter dem Projektnamen „Streaming OS“ laufen die Arbeiten. OS steht für „Operating System“, aber auch für „Open Source“. Die öffentlich-rechtlichen Sender wollen wichtige technische Bausteine für ihre Streaming-Aktivitäten auch anderen Anbietern und Organisationen frei zugänglich machen. Eine europäische Ausrichtung haben sie ebenso im Blick.
mehr »