Mit den „Wahlprüfsteinen“ hat Reporter ohne Grenzen (ROG) Stellungnahmen der Parteien zu insgesamt zehn aktuellen Fragen der Pressefreiheit veröffentlicht. Sie sollen eine Orientierung für die anstehende Bundestagswahl bieten. Befragt wurden die Parteien unter anderem zu den Themen Informationsfreiheit, Whistleblowerschutz und Umgang mit Regierungen, die die Pressefreiheit einschränken. Lediglich die AfD ist ihre Antworten schuldig geblieben.
Gefragt, „mit welchen konkreten Maßnahmen Deutschland und die EU darauf reagieren sollen, dass die Regierungen von EU-Mitgliedsstaaten wie Ungarn und Polen die Pressefreiheit immer weiter beschneiden und ob sie dafür sind, solchen Ländern bei fortgesetzten Einschränkungen der Pressefreiheit Fördermittel im künftigen EU-Budget zu streichen“, haben etwa CDU/CSU, die gemeinsame Antworten vorgelegt haben, geantwortet, der Fokus sollte, soweit wie möglich, „auf einen konstruktiven Dialog gelegt werden“. Die SPD zeigte sich hingegen besorgt über die Verletzung der Pressefreiheit und den schwindenden Pluralismus in einigen EU-Ländern, führte aber aus, dass das Instrument der Fördermittelkürzung gegenwärtig nicht zur Verfügung stehe und aus verschiedenen Gründen schwierig umzusetzen sei. Ähnliches Fazit wie CDU/CSU: Allein schon die Diskussion über derartige Verstöße und die klare Positionierung der EU-Institutionen und Mitgliedstaaten könne hilfreich wirken.
Beim neuen BND-Gesetz, dass es dem deutschen Auslandsgeheimdienst erlaubt, Journalisten aus Nicht-EU-Staaten im Nicht-EU-Ausland zu überwachen ohne besondere Schutzrechte zu beachten, wie sie etwa das G10-Gesetz für gezielte Überwachungsmaßnahmen im Inland vorsieht, sehen weder CDU/CSU noch die SPD Nachbesserungsbedarf. Während die Linke solche Überwachungsmaßnahmen generell ablehnt, sieht Bündnis 90/Die Grünen in dem Gesetz einen „schweren Schlag gegen die Pressefreiheit“, da Schutzrechte, die im Inland als selbstverständlich gelten, für das Ausland ausgehebelt würden.
In Sachen Verpflichtung der Bundesbehörden zu einer proaktiven Veröffentlichung von Dokumenten über staatliches Handeln sprechen sich nur die Linke und die Grünen eindeutig für die Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes zu einem Transparenzgesetz aus. Letztere werben zudem mit ihrem 2016 eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Auskunftsrecht der Presse gegenüber Bundesbehörden, der von Union und SPD allerdings abgelehnt worden sei.