Magazin ließ es an gebotener „Sorgfalt bei der Prüfung des Wahrheitsgehalts“ fehlen
Der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats hat in seiner Sitzung am 19. Februar das Magazin „Stern“ gerügt, weil es die CSU des „Spendenbetrugs“ bezichtigt hatte. Der „Stern“ hatte in seiner Ausgabe Nr. 2 / 2002 unter anderem behauptet, die CSU habe für Patenschaft-Abos des „Bayernkuriers“ „falsche Spendenquittungen ausgestellt und dafür beim Präsidium des Deutschen Bundestages mindestens sechs Millionen Mark Zuschüsse zu Unrecht kassiert“. Weil der „Stern“ jedoch Quellen vernachlässigt hatte, die zeigen konnten, dass die CSU tatsächlich legal gehandelt hatte, sah der Presserat einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex. Sie verlangt, dass die „zur Veröffentlichung bestimmten Nachrichten und Informationen … mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen“ sind. „Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden.“ Weil bereits auf der Titelseite des Stern vor allem CSU-Chef Edmund Stoiber für den angeblichen Betrug verantwortlich gemacht wird, zog der Beschwerdeausschuss auch Ziffer 9 des Kodex heran. Sie lautet: „Es widerspricht journalistischem Anstand, unbegründete Behauptungen und Beschuldigungen, insbesondere ehrverletzender Natur, zu veröffentlichen.“ Insgesamt hatten dem Presserat vier Beschwerden gegen die Berichterstattung des „Sterns“ vorgelegen.
Eine weitere Rüge wegen eines Verstoßes gegen Ziffer 2 wurde gegen „Das Neue Blatt“ ausgesprochen. Die Zeitschrift hatte über eine Einbruchserie in einem Potsdamer Stadtviertel berichtet, in dem auch der Fernsehmoderator Günther Jauch wohnt. Ohne irgendeinen Bezug zu Jauch und seiner Familie herstellen zu können, hatte das Blatt den Artikel unter die Überschrift gestellt: „Günther Jauch: Seine Frau und seine Töchter in großer Gefahr“.
Bei weiteren sieben Rügen, die der Presserat aussprach, stand vor allem die Verletzung von Persönlichkeitsrechten im Vordergrund. Dreimal musste der Beschwerdeausschuss auf Ziffer 8 (Schutz des Privatlebens und der Intimsphäre) und einmal auf Ziffer 13 (Verbot der Vorverurteilung) der Publizistischen Grundsätze Bezug nehmen. Die Richtlinie 8.4 stellt darüber hinaus körperlich und psychisch erkrankte Menschen unter besonderen Schutz. Dagegen hatte in einem Fall die „Bild-Zeitung“ verstoßen, die das Foto eines Busfahrers auf der Intensivstation eines Krankenhauses veröffentlicht hatte. Im nebenstehenden Artikel wurde geschildert, wie der Mann aufgrund eines Schlaganfalls am Steuer seines Busses die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hatte. Außerdem wurde die Ausgabe der „Bild-Zeitung“ vom 3. Januar dieses Jahres gerügt. Sie hatte die verbrannte Leiche einer jungen Frau gezeigt, die sich das Leben genommen hatte. Neben der Persönlichkeitsverletzung habe das Boulevardblatt damit auch gegen Ziffer 11 des Pressekodex verstoßen, die den Verzicht „auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt“ verlangt.
Schließlich sprach der Beschwerdeausschuss zwei Rügen wegen des Verstoßes gegen Ziffer 7 des Pressekodex aus, der die Trennung von redaktionellem Teil und Anzeigen regelt. Die Zeitschrift „Maxim“ hatte unter der Überschrift „Männerwünsche“ mehrere Anzeigen veröffentlicht, ohne sie als solche kenntlich zu machen. Das Ratgebermagazin „Haus und Wohnen“ hatte in seiner Ausgabe 1/2002 in werbender Sprache einzelne Anbieter von Baufinanzierungen vorgestellt.
Der Beschwerdeausschuss sprach außerdem 15 Missbilligungen gegen verschiedene Zeitschriften und Tageszeitungen sowie 16 Hinweise aus. Insgesamt wurden 39 Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Gerügt wurde die „Offenbach-Post“, weil sie in einer Meldung die Volksgruppe der Sinti und Roma diskriminiert hatte. Unter der Überschrift „Kinderhorde knackt Autos“ hatte die Zeitung im April vergangenen Jahres unter anderem geschrieben: „Wieder Roma-Ärger: Ein Polizist … ertappte gestern Mittag mehrere Sippen-Kinder“. Darin sah der Presserat einen Verstoß gegen Ziffer 12 der Publizistischen Grundsätze, in der fixiert ist, dass niemand wegen seines Geschlechts oder seiner Zugehörigkeit zu einer rassischen, ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden dürfe. Außerdem sprach der Presserat in seiner Sitzung weitere neun Missbilligungen sowie sieben Hinweise gegen Presseorgane aus, die im vergangenen Jahr durch ihre Berichterstattung die Gruppe der Sinti und
Roma diskriminiert hatten. Insgesamt behandelte der Beschwerdeausschuss in seiner ersten Sitzung in diesem Jahr 37 Beschwerden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma.
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