Das Bayerische Verfassungsgericht hat am 3. Dezember entschieden, dass das Integrationsgesetz des Landes in Teilen verfassungswidrig ist. Insbesondere stellte das Gericht fest: Die im Gesetz formulierte Verpflichtung, die in der Präambel definierte „Leitkultur“ in Rundfunk- und Telemedienangeboten „zu vermitteln, verletzt die Rundfunkfreiheit und das Recht der freien Meinungsäußerung“.
Gegen das 2016 noch mit absoluter CSU-Mehrheit beschlossene Bayerische Integrationsgesetz hatte sich schon im Vorfeld Widerstand formiert. Ein von ver.di initiertes „Bündnis gegen das Bayerische Ausgrenzungsgesetz“, dem weitere Gewerkschaften, Ausländerbeiräte, Parteien, Jugendorganisationen und andere Initiativen angehören, organisierte Demonstrationen und blieb auch nach Inkrafttreten des Gesetzes aktiv. Die SPD- und die Grünen-Fraktion des bayerischen Landtages klagten vor dem Verfassungsgericht in München. Die Oppositionsfraktionen beanstandeten besonders den Begriff Leitkultur und daran gebundene Verpflichtungen. CSU und Staatsregierung rechtfertigten das als einen „Orientierungsrahmen“ für Zuwanderer und Behörden.
In dem jetzigen Urteil der bayerischen Verfassungsrichter sehen Medien eine „Klatsche“ für die CSU. Die Partei habe „mit ihrer damaligen Landtagsmehrheit ein verfassungswidriges Gesetz durch das Parlament gepeitscht“, schlussfolgert Horst Arnold, SPD-Fraktionschef im Landtag. Die Staatsregierung müsse „ihr sogenanntes Integrationsgesetz“ nun zügig überarbeiten oder sollte es „gleich ganz begraben“.
Verfassungswidrig ist nach dem Richterspruch unter anderem eine Verpflichtung für Migranten, an einem „Grundkurs über die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ teilzunehmen, wenn jemand die Ablehnung bestimmter Regeln, Prinzipien und Werte zum Ausdruck bringt. Laut Gericht verstoße das gegen den Grundsatz der Meinungsfreiheit. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit werde durch den bisherigen Art. 11 Satz 2 verletzt, da der darin enthaltene Auftrag zur Vermittlung einer bestimmten Leitkultur der verfassungsrechtlich gebotenen Programmvielfalt widerspreche. Die Münchner ver.di-Sekretärin Hedwig Krimmer freut sich über den vor Gericht erzielten „Teilerfolg“ für das Bündnis.
Der Prozess war von einer Kunstaktion vor dem Justizpalast in München begleitet worden: Eine überdimensionierte Sitzbank mit der Aufschrift „Nur für Deutsche ohne Migrationshintergrund“ sollte als Warnung verstanden werden, „ähnliche oder vergleichbare Zustände, wie sie in diesem Land einmal herrschten, jemals wieder zuzulassen“.