Eine bestellte Rezension durfte dann doch nicht erscheinen
„Verstehen, was passiert“ – mit diesem Slogan wirbt der Berliner „Tagesspiegel“ seit einiger Zeit um Abonnenten auf dem hartumkämpften Berliner Zeitungsmarkt. In hausinternen Angelegenheiten hält sich der aufklärerische Anspruch des Blattes indes in Grenzen. Dies erlebte unlängst der Berliner Rechtsanwalt Johannes Eisenberg, bei dem der Leiter des Medienressorts Joachim Huber eine Buchrezension in Auftrag gab. Konkret ging es um den Titel „Medienrecht“ von Matthias Prinz und Butz Peters. Eisenberg, ein ausgewiesener Kenner presserechtlicher Materie, sagte zu und lieferte die gewünschte Besprechung eine Woche später ab. Huber quittierte den Text als „sehr gelungen, da neben aller fachlichen Beurteilung auch der laienhafte Leser mit ins Blickfeld genommen ist“ und kündigte an, den Beitrag „so schnell als möglich“ ins Blatt zu rücken. Dann passierte eine Zeitlang nichts. Nach sechs Wochen meldete sich schließlich der Medienredakteur bei Eisenberg und erklärte zerknirscht, er könne den Text leider nicht veröffentlichen. Begründung: Dies sei ihm „von oben“ untersagt worden. Ob die Intervention von der Chefredaktion oder von der Verlagsleitung ausging, mochte Huber nicht sagen. Gegenüber „M“ erklärte Huber, er könne sich zu der Angelegenheit „nicht äußern“. Wiederholte Nachfragen bei der Geschäftsleitung blieben unbeantwortet. Eisenberg glaubt den Grund für das frostige Verhalten der Verlagsspitze zu kennen. Schließlich hat er in der Vergangenheit so manche Gegendarstellung seiner Klienten ins Blatt rücken lassen. Darauf, so der Anwalt, habe er den Redakteur bei Auftragsvergabe sogar hingewiesen. Eisenberg sieht dennoch „keinen vernünftigen Grund, der es dem Tagespiegel so schwer macht, mich zu publizieren“. Inzwischen wurde eine Rezension des Prinz/Peters-Opus gedruckt – allerdings die eines anderen Autors. Ein ungewöhnlicher Vorgang, der die Frage aufwirft, ob beim „Tagesspiegel“ „schwarze Listen“ unerwünschter Autoren kursieren.