Sechs Monate gespeichert – auch Journalistendaten

dju unterstützt Sammel-Verfassungsbeschwerde, wenn das Gesetz in Kraft tritt

Ab Mitte dieses Jahres sollen sämtliche Verbindungs- und Standortdaten, die beim Telefonieren vom Festnetz oder Handy, E-Mailen, SMS-Versand, Internet-Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, für sechs Monate gespeichert werden. Die Bundesregierung will die heftig umstrittene Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratspeicherung von Telefon- und Internetdaten der Europäischen Union vom März 2006 in deutsches Recht umsetzen.


Zweck der Vorratsdatenspeicherung soll die Ermittlung, Aufdeckung und Verfolgung schwerer Straftaten sein, zu denen allerdings auch sämtliche mittels Telekommunikation begangene Straftaten gehören. Zugriff auf die Daten werden Polizei und Staatsanwaltschaft, aber auch ausländische Staaten erhalten. Ausnahmen für Journalisten soll es nicht geben.
Die dju in ver.di hält dies für verfassungswidrig. Sie unterstützt deshalb die Initiative „Stoppt die Vorratsdatenspeicherung“ und ruft alle JournalistInnen als Berufsgeheimnisträger auf, die Sammel-Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zu unterzeichnen (http://www.vorratsdatenspeicherung.de). Bislang haben über 6.000 Personen das Online-Formular ausgefüllt und eine Prozessvollmacht erteilt. Mit der Beteiligung sind keine Kosten verbunden. Sollte das Gesetz in Kraft treten, wird umgehend Klage eingereicht.

Verschlechterung beim Zeugnisverweigerungsrecht

Außer dem neuen § 106a Telekommunikationsgesetz zur Vorratsdatenspeicherung sieht der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums für ein „Gesetz zur Neuregelung der Telekommuni­kationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen“ vom 27. November 2006 auch zahlreiche Änderungen der Strafprozessordnung vor, unter anderem Verschlechterungen beim Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten.
Eine gemeinsame Stellungnahme von ARD, BDZV, DJV, Deutschem Presserat, VDZ, ver.di, VPRT und ZDF zieht das Fazit, dass diese Neuregelungen geeignet sind, „den durch das Zeugnisverweigerungsrecht bezweckten Schutz der Informanten und der von staatlichen Eingriffen ungestörten Redaktionsarbeit nachhaltig zu beschädigen.“ Die Bundesregierung wird deshalb eindringlich aufgefordert, diesen Weg nicht weiter zu verfolgen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »

AfD als Social Media Partei überschätzt

Eng vernetzt mit dem extrem- und neurechten Vorfeld und gezielt provozierend mit rassistischem Content: Die Landtagswahlkämpfe der AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenburg waren von einer hohen Mobilisierung geprägt, auch über die sozialen Medien. Eine aktuelle Studie der Otto Brenner Stiftung (OBS) in Frankfurt am Main zeigt nun aber: die Auftritte der AfD auf Social Media sind weit weniger professionell als zuletzt häufig kolportiert und es gibt deutliche regionale Unterschiede.
mehr »