Erfahrungen eines Newcomers mit der Filmförderung
Nachdem ich dem Filmemacher Kay Madsen mein Drehbuch zu dem Kurzfilm „Dess or Alaif“ übergeben hatte, fiel der Startschuss zu dem Projekt gegen Fremdenhass und für die Völkerverständigung. Kay Madsen überzeugte das Buch und vor allem die Idee zu diesem Kurzfilm. Das war Ende April 2001. Madsen stand mir zwei Monate darauf als Kameramann bei den viertägigen Dreharbeiten zur Seite.
In Berlin / Friedrichshain erstreckte sich das Brachland, das zusammen mit der anliegenden Neubausiedlung das Zentrum der Szenerie ausmacht. Hier kam mir die Idee zu „Dess or Alaif“: Zwei gegensätzliche Jugendkulturen treffen aufeinander, was würde passieren. Eine persönlich oft angedachte und erlebte Situation wird verarbeitet. Die Diskussion um unterschiedliche Kulturen muss intensiver geführt werden, so die Überzeugung. Da manche freie Flächen in der Hauptstadt aber schnell bebaut werden, unterlagen diesem Projekt gewisse zeitliche Bedingungen: Drehzeit 26. – 29. Juni 2001. In der ungewöhnlich kurzen Vorbereitungszeit (2 Monate) galt es nun, finanzielle Mittel und technische Unterstützung zu bekommen. Letztendlich wurde der Film digital gedreht und selbstproduziert, was mich als Produzenten und Regisseur an den Rand des finanziellen Bankrotts trieb. Aus einem geplanten 16mm Low Budget Projekt wurde ein miniDV No Budget Film von 15 Minuten Länge.
Fehlende Spontanität, wenig künstlerischer Mut
Sicherlich war es „blauäugig“ zu denken, dass allein das Thema „Fremdenhass und Intoleranz“ Filmförderungen, Ministerien oder große Konzerne sofort zu finanziellen Opfern veranlassen würde. Dennoch hatte ich auf ca. 9.000€ gehofft, die wenigstens Technik, Filmmaterial und Entwicklung ermöglichen. Denn nur 16 oder 35mm Filme werden bei den großen Festivals in Europa zugelassen. Nach den Gesprächen mit einigen potentiellen Produzenten und Förderern ergab sich eine eventuelle finanzielle Unterstützung nur dann, wenn ich bereit gewesen wäre, den Dreh in den Herbst 2001 oder besser das Frühjahr 2002 zu verschieben und das Drehbuch zu überarbeiten. Für einen fünfzehnminütigen Kurzfilm mit einer Drehzeit von vier Tagen, empfinde ich die Vorbereitungszeit von ca. einem Jahr für unangemessen und das Drehbuch steht, war mein Gedanke und der nächste Gedanke kam gleich hinterher: Ich glaube, es fehlt der deutschen Filmindustrie an einer gewissen Spontanität und künstlerischem Mut, aber wer bin ich schon, dass ich das beurteilen könnte. Also lieber Filme drehen als langweilen.
Als ich als sogenannter Afrodeutscher dann auch noch von meinem „Bruder“ Spike Lee und seiner 40 Acres and a Muly Film Company eine Absage erhielt, stand mein Entschluss fest: Wir drehen mit einer Canon XL / miniDV mit einem kürzlich erschienenem 35mm Adapter (P+S Technik) und 35mm Objektiven, die nötigen 3.000€ werden aus den Rippen geschält und ab geht´s …
Und siehe da: Wir hatten viel Spaß und gute Bilder bei unserem Dreh Ende Juni und wir wurden mit Huldigungen der freudigen Zuschauer belohnt bei der Premiere Ende Dezember.
Die Fläche, auf der wir gedreht haben, ist mittlerweile zur Hälfte bebaut. Der Film „Dess or Alaif“ ist Ende Februar im Rahmen des Europäischen Filmmarktes der Berlinale gelaufen. Die Teilnahme am Wettbewerb der Berlinale oder anderen großen Festivals wird uns jedoch verwehrt bleiben, da der Film nur digital ist.
Doch ein Gedanke verfolgt mich weiterhin: Muss man sich wirklich ein Jahr Zeit nehmen, um einen 15minütigen 16 mm Kurzfilm finanziert zu bekommen, und wie lange soll die Vorbereitungszeit für einen 90 minütigen Film dauern, am Besten ich fange schon mal an …
www.own-productions.de
executive@own-productions.de