Der Anteil von staatlichen und staatsnahen Mitgliedern darf in den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein Drittel nicht übersteigen. Bis ins Sendegebiet des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) hat sich der weise Beschluss des Bundesverfassungsgerichts offenbar noch nicht herumgesprochen.
Es war eine klare Ansage des obersten deutschen Gerichts, verkündet erst im März 2014 – eine Reaktion auf die langjährige unzumutbar starke Dominanz von Staatsvertretern in den Gremien des ZDF. Dennoch gehören im soeben gewählten neuen MDR-Rundfunkrat nach wie vor 35 Prozent der Räte der so genannten „Staatsbank“ an. Im MDR-Verwaltungsrat sind es sogar 43 Prozent. Eine Novellierung des Dreiländerstaatsvertrags im Sinne der Karlsruher Richter sei einstweilen „nicht kurzfristig“ möglich gewesen, heißt es aus den drei Staatskanzleien. Im Klartext: Fast zwei Jahre reichten den Politikern nicht, um eine verfassungskonforme Anpassung des Staatsvertrags zu erreichen.
Nun ist ja sattsam bekannt, dass es Politiker in der Regel unendlich schwer fällt, freiwillig auch nur auf einen Zipfel ihrer Macht zu verzichten. Dennoch erstaunt, mit welcher Chuzpe vor allem der schwarze Block im Rat Machtsicherung betreibt. Mit Steffen Flath wurde Sachsens früherer CDU-Fraktionschef zum Ratsvorsitzenden gewählt. Und zum Vorsitzenden der 17köpfigen – weiterhin rein männlichen (!) sächsischen Landesgruppe ließ sich CDU-Mann und Staatssekretär Erhard Weimann küren. Da der MDR seit dem 1. Januar 2016 auch noch den ARD-Vorsitz inne hat, leitet Flath zu allem Übel zeitgleich auch noch deren Gremienvorsitzenden-Konferenz.
Der MDR vereint somit ab sofort zwei gravierende Defizite: er ist der einzige Sender, in dem die Kontrollinstanzen stramm regierungsnah besetzt sind. Zum anderen hat er im Senderverbund den Rat mit dem dürftigsten Frauenanteil in der gesamten ARD. Noch ein Manko: Anders als in den meisten anderen Anstalten finden die Sitzungen des Rundfunkrats hinter verschlossenen Türen statt. Der MDR – ein staatsnahes Old-Boys-Network, in dem Transparenz kleingeschrieben wird? CDU-Mann Flath ficht derlei Kritik nicht an. Andere Länder „könnten durchaus auch von Sachsen lernen“ äußerte er nach seiner Wahl. Man darf dies wohl getrost als Drohung verstehen.