Komplett-Verweigerung der Rundfunkpolitik

Foto: RBB/Oliver Ziebe

Nachdem die Ministerpräsident*innen am 12. Dezember 2024 zur Rundfunkpolitik beraten haben, zeichnet sich ein düsteres Bild für die öffentlich-rechtlichen Medien, ihre Angebote und die dort Beschäftigten ab. Beschlossen haben die Ministerpräsident*innen eine Auftrags- und Strukturreform und einen ab 2027 geltenden neuer Mechanismus zur Festsetzung des Rundfunkbeitrags. Nicht verabschiedet wurde jedoch der fällige Rundfunkbeitragsstaatsvertrag.

Die nötige Erhöhung des Rundfunkbeitrags um monatlich 58 Cent ab 2025 konnte nicht auf den Weg gebracht werden. Begründet wurde dies mit den existierenden Rücklagen der Anstalten – die von der zuständigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten bei ihrer Beitragsempfehlung jedoch bereits berücksichtigt wurde.

Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im ver.di-Bundesvorstand, kommentiert:

„Das Gebaren der Ministerpräsident*innen in der Rundfunkpolitik ist nicht hinnehmbar. Indem sie die nötige Beitragserhöhung verwehren, brechen die Regierungschef*innen der Länder mit verfassungsrechtlich geregelten Verfahren.“

Die Rücklagen der Anstalten wurden von der KEF bereits berücksichtigt und die Beitragsempfehlung entsprechend abgesenkt. Das sei Realitätsverweigerung der Rundfunkpolitik. Für die Mitarbeitenden in den Medienhäusern sei dies ein düsterer Tag, denn unklare Finanzierung koste Programm und damit auch Aufträge für häufig jahrzehntelang im Rundfunk Tätige. Mit der Aussicht auf Programmeinschnitte seien dies auch schlechte Nachrichten für alle Mediennutzenden, so Schmitz-Dethlefsen.

Schwächung des ÖRR

Dies hänge auch mit der heute verabschiedeten Auftrags- und Strukturreform zusammen. Schmitz-Dethlefsen: „Inhaltlich schwächt die Reform die öffentlich-rechtlichen Medien insbesondere durch das weitreichende Verbot für Texte in Onlinepublikationen. Mit der Reform werden die Angebote für Mediennutzer*innen Angebote unattraktiver werden. Zudem war seit Monaten angekündigt, Auftrags- und Strukturreform nur im Junktim mit der gesicherten Finanzierung zu beschließen. Auch diese Ankündigung haben die verantwortlichen Politiker*innen heute gebrochen.“

„Damit schleifen die Ministerpräsident*innen die demokratierelevanten öffentlich-rechtlichen Medien – und das Vertrauen in die Politik gleich mit.“

Hinsichtlich des weiteren Verfahrens seien laut Schmitz-Dethlefsen nun das Bundesverfassungsgericht und die Landtage am Zuge. Die Länderchef*innen haben die Verantwortung dem Bundesverfassungsgericht und den Landtagen zugeschoben. Wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet, bleibt abzuwarten. „Derweil sind die Landtage nun aufgefordert, den Entwurf für die Auftrags- und Strukturreform zurück an die Ministerpräsident*innen zu weisen und eine zustimmungsfähige Überarbeitung zu verlangen – die zeitgemäße öffentlich-rechtliche Angebote für eine pluralistische Gesellschaft sicherstellt.“


Alles zum Thema ÖRR und die geplanten Reformen finden sie im Spezialheft der M:

Cover M Testbild
Reform des ÖRR M4/2024

 

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Dokumentarfilme: Näher an der Wahrheit

Das bekannte Archiv–Storytelling in Dokumentationen befindet sich im Wandel. Und das ist auch notwendig: Weg von stereotypen Erzählmustern, hin zu ganzheitlichen Betrachtungen. Bislang unbekanntes Archivmaterial  spielt darin eine wesentliche Rolle. Beispiele dafür gab es  auf der Sunny Side of the Doc im französischen La Rochelle zu sehen, wo die internationale Doku-Branche zusammenkam.
mehr »

Türkei: Regierung schaltet TV-Sender ab

In der Türkei ist einer der populärsten regierungskritischen TV-Sender für zehn Tage abgeschaltet worden. Gegen Sözcü TV sei eine Strafe wegen wiederholten „Verstößen gegen Sendevorschriften“ verhängt worden, schrieb der Chef der Rundfunkbehörde (Rtük), Ebubekir Sahin, auf der Plattform X. Der Sender kritisiert das Vorgehen als Zensur.
mehr »

Für ein digitales Ökosystem

Markus Beckedahl, Journalist und Gründer des Online-Portals www.netzpolitik.org, erkennt  im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Ort, wo alternative digitale Infrastrukturen gut entwickelt werden können.
mehr »

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »