Unverständlich und unzumutbar

Die IG Medien in Ver.di Baden-Württemberg versteht – so Gerhard Manthey – die Krokodilstränen der Stuttgarter Gemeinderäte und der Freien Produzenten nicht, die forderten, dass der SWR seine Produktionen an sie vergeben müsse. Ein öffentlich-rechtlicher Sender ist zuerst einmal dazu da, seine Produktionen selbst zu fertigen, und nach öffentlich-rechtlichen Qualitätsnormen zu produzieren und dafür zu sorgen, dass die Arbeitsplätze im Sender gesichert sind und zukünftig auch werden. Produktionen auszulagern und Festangestellte und Freie aufzufordern, dort unter anderen und schlechteren Konditionen zu arbeiten, ist unzumutbar und wird von der Gewerkschaft auch nicht hingenommen. Es wäre unverständlich, im Sender Arbeitsplätze zu vernichten, um freie Produzenten am Leben zu erhalten.

Nur bei den eigenproduzierten Werken kann nach Auffassung der Gewerkschaft die Qualität garantiert werden, die im Sender bisher gefordert und realisiert wurde. Und: Die Rundfunkgebühren sind nicht dazu da , Start-ups oder die freien Produzenten zu ernähren, zumal diese in der Regel auch noch schlechtere Honorare an ihre freien MitarbeiterInnen zahlen, bei den ARD-Sendern aber höhere Kosten abrechnen.

Der wichtigste Punkt ist, dass es absurd ist, die Programm-Kompetenz aus dem SWR in die Maran verlagern zu wollen. Unter den Festangestellten ist niemand bereit, die „Auslagerung“ mitzumachen. Der Protest ist unter den Beschäftigten einhellig. Zumal bessere Alternativen im Sender entwickelt worden sind. Warum wurden diese den Gremien nicht vorgelegt? Die CDU hat sich formiert und will mit dem Intendanten ihre fragwürdigen Medienstandortpläne durchziehen. Auf Kosten des SWR. Und dessen Geschäftsleitung spielt leider mit. Die IG Medien jedenfalls hält diese Pläne mit dem SWR-Programmauftrag nicht vereinbar. Sie wird rechtliche Schritte prüfen, und – sollten diese positiv verlaufen – die zuständigen Gremien zur Klage ermuntern.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Ampelbilanz: Von wegen Fortschritt

"Mehr Fortschritt wagen" wollte die Ampel-Regierung laut Koalitionsvereinbarung von 2021 – auch in der Medienpolitik. Nach der desaströsen medienpolitischen Bilanz der vorausgegangenen Großen Koalition, so die Hoffnung, konnte es nun eigentlich nur besser werden. Von wegen. Die meisten der ohnehin wenig ambitionierten Vorhaben der Ampel blieben im Parteiengezänk auf der Strecke. Für den gefährdeten Lokal- und Auslandsjournalismus bleibt weiterhin vieles im Unklaren.
mehr »

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Die Entstehung des ÖRR in Deutschland

Im Jahr 1945 strahlten die deutschen Radiosender Programme der Militärregierungen aus. Zum Beispiel Norddeutschland. Dort hatte der nationalsozialistische Reichssender Hamburg am 3. Mai seine Tätigkeit eingestellt. Nur wenige Stunden später besetzten britische Soldaten das Funkhaus und schon am 4. Mai erklang eine neue Ansage: „This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government.”
mehr »

KI sitzt am Redaktionstisch

Erst vor wenigen Jahren hat ein Großteil der Menschen überhaupt erfahren, was Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis bedeutet. Genauer gesagt: Viele Menschen haben mit ChatGPT einen ersten Eindruck davon bekommen, wie Maschinen Texte formulieren, Prüfungsaufgaben in Sekundenbruchteilen lösen oder umfangreiche Artikel in wenigen Sekunden auf wesentliche Inhalte zusammenfassen. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zieht die generative KI seitdem ein.
mehr »