Urheberrechte verletzt

Wenn der eigene „Pressespiegel“ zur Haftungsfalle wird

Der Gesetzgeber hat festgelegt, was ein elektronischer Pressespiegel ist und was darin nichts verloren hat. Viele Medienverantwortliche vermuten fließende Grenzen. Diese Fehleinschätzung eines Pressesprechers kam einem Finanzdienstleister teuer zu stehen.


Der Fall: Ein freier Journalist hatte 2010 in einem Fachmagazin über Trends bei der betrieblichen Altersvorsorge berichtet. Neben Forschungsergebnissen hatte er auch die Einschätzungen von Branchenkennern eingeholt. Nach Erscheinen seines Fachbeitrages übermittelte der Autor an die in seiner Abhandlung zitierten Quellen und Personen je einen Beleg, mit dem Hinweis, dass diese Kopie nur für interne Zwecke (Archiv) verwendet und nicht über elektronische Medien verbreitet werden darf. Bei späteren Recherchen stellte sich dann heraus, dass eine der „Dankeskopien“ im Internet online gestellt wurde. Rasch war als „undichte Stelle“ der so genannte „Pressespiegel“ des Onlineportalbetreibers „Deutsche Gesellschaft für betriebliche Altersvorsorge AG (DGbAV)“ ausgemacht.
Der Autor verlangte die sofortige Entfernung seines Textes von der Website. Der DGbAV-Pressesprecher hingegen war der Meinung, dass es „nicht unüblich sei, Artikel mit Zitaten, an denen man selbst mitgewirkt habe, (auch ohne Zustimmung des Urhebers) in den eigenen Pressespiegel zu stellen“. Darin sah der Autor eine Beeinträchtigung seiner Urheberrechte, zumal von den knapp 15.000 Zeichen seines Fachartikels lediglich rund 20 Zeilen aus der Feder des DGbAV-Mitarbeiters stammten.
Wegen der Wiederholungsgefahr verlangte der Autor eine Unterlassungserklärung. Da der presserechtlich Verantwortliche dies verweigerte, forderten die Anwälte des geschädigten Journalisten den Vorstand auf, den Beitrag künftig nicht mehr im Internet präsentieren zu lassen, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und den entstandenen Schaden zu ersetzen. Als auch dieses verweigert wurde, wandten sich die Anwälte an das Landgericht Düsseldorf. Die 12. Kammer des LG Düsseldorf gab dem Journalisten recht und hat mit Anerkenntnisurteil (12 O 237/11) die Forderungen des Klägers auf Unterlassung und Schadensersatz bestätigt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits 2002 (I ZR 255/00) per Entscheidung festgestellt, dass auch ein (echter) elektronischer Pressespiegel nur in einer Form zugänglich gemacht werden darf, die sich im Falle der Speicherung nicht zu einer Volltextrecherche eignet. Wer statt der Bezeichnung „Pressespiegel“ den Begriff „Presseschau“, „Pressestimmen“, „Presseecho“ oder „Die Presse über uns“ verwendet und meint, damit wäre alles im grünen Bereich, der irrt gewaltig. Das Kopieren und Verbreiten von Veröffentlichungen fremder Autoren ist grundsätzlich nur mit der Zustimmung des Urhebers bzw. des Verwertungsberechtigten zulässig. Außerdem sind für die Inhalte eines Pressespiegels, wie der Gesetzgeber ihn definiert, Lizenzgebühren an die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) bzw. an die PMG Presse-Monitor GmbH zu entrichten.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Drei Fragen: Zur Deutschen Welle

Bei der Deutschen Welle (DW) arbeiten rund 1.800 festangestellte und 2.000 freie Mitarbeiter*innen in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat die Belegschaft der DW in Bonn und Berlin am 13.11. zu einem ganztägigen Streik aufgerufen. Denn nach sechs Runden stocken die Verhandlungen. Wir sprachen vor Ort in Berlin mit der ver.di-Sekretärin Kathlen Eggerling.
mehr »

Filmtipp: Turmschatten

Hannu Salonens Verfilmung des Romans „Turmschatten“ ist ein famos fotografierter Hochspannungs-Thriller. Heiner Lauterbach spielt in der sechs-teiligen Serie den deutschen Juden und ehemaligen Mossad-Agenten Ephraim Zamir, der zwei Neonazis für den Tod seiner Adoptivtochter verantwortlich macht. Die Internetgemeinde soll über ihr Schicksal entscheiden. Er nennt sich „Vollstrecker“, weil er angeblich nur den Willen der Mehrheit ausführt, aber in Wirklichkeit ist Zamir Staatsanwalt, Richter und Henker in einer Person.
mehr »

Der SWR-Staatsvertrag wird erneuert

Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Rheinland-Platz wollen den Südwestrundfunk künftig (SWR) moderner aufstellen. Dazu legten sie Anfang November einen Entwurf zur Novellierung des SWR-Staatsvertrags vor. Zentrale Änderungen betreffen die Organisationsstrukturen sowie die Aufsichtsgremien des SWR. Rundfunkrat und Verwaltungsrat sollen bei der Mitgliederzahl jeweils um rund 30 Prozent verkleinert werden. Der SWR soll noch stärker auf Regionalität ausgerichtet werden.
mehr »

Die Medienwende nach dem Mauerfall

35 Jahre nach dem Mauerfall bietet die Medienlandschaft im Osten Deutschlands ein zwiespältiges Bild. Nach wie vor verlieren die von westdeutschen Großverlagen kontrollierten ehemaligen DDR-Traditionstitel überdurchschnittlich an Auflage und Anzeigenvolumen. Der aufgelöste staatliche DDR-Rundfunk ist nach anfänglichem Hickhack erfolgreich in ARD und ZDF integriert. Gescheitert ist indes früh der Traum der Ex-Bürgerrechtler von einem „Dritten“ Medienweg.
mehr »