Das novellierte Urheberrechtsgesetz (UrhG) ist am 13. September 2003 in Kraft getreten. Hauptpunkte in der öffentlichen Diskussion um die Reform waren digitale Privatkopien und Schutzregelungen für Kopierschutzvorrichtungen. Die Neuregelungen betreffen aber nicht nur Musik-CDs oder Film-DVDs, sondern haben ebenso praktische Auswirkungen auf den Berufsalltag von Fotografen. Ein Überblick.
Fotos im Internet nur mit Urhebererlaubnis
In Umsetzung einer EU-Richtlinie wurde mit dem „Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ in Deutschland ein Online-Recht verankert. Dieses „Recht der öffentlichen Zugänglichmachung“ (§ 19 a UrhG) betrifft nicht nur das Internet, sondern beispielsweise auch Online-Datenbanken oder On-Demand-Angebote. Nun steht es also unzweifelhaft im Gesetz: Die Einstellung eines Fotos etwa ins Internet darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen. Ein Fotograf kann das Nutzungsrecht zur öffentlichen Zugänglichmachung seines Werkes gegen entsprechendes Honorar einräumen und ungenehmigte Web-Veröffentlichungen mit Unterlassungs- und Schadensersatzforderungen verfolgen.
Privatkopie erlaubt – wenn Vorlage legal
Nach § 53 UrhG ist es auch weiterhin erlaubt, einzelne Vervielfältigungen eines Werkes zum privaten Gebrauch auf beliebige Träger vorzunehmen – auch digitale. Aber zur Herstellung der Privatkopie darf nun keine „offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage“ verwendet werden. Damit ist jetzt rechtlich eindeutig geregelt, dass Kopien von Dateien aus Internet-Tauschbörsen wie KaZaA nicht rechtmäßig sind – und was für Musik gilt, gilt für Foto-Tauschbörsen im Web ebenso.
Erstmals Schutz für Schutzmaßnahmen
Noch einschneidender in der Praxis ist der neue § 95 a UrhG, der die Herstellung einer Kopie generell verbietet, wenn sie nur unter Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen möglich ist. Auch Verkauf, Werbung und Verbreitung von „Kopierschutz-Crackern“ ist nun verboten.
Was Verbraucher – oft zu Recht – nervt, weil sie nun keine legale Kopie mehr für den CD-Player im Auto machen oder Tonträger am PC nicht mehr abspielen können, kann den Urheberschutz auch für Fotografen stärken. Denn erfasst sind natürlich auch Kopierschutzmaßnahmen für Foto-CDs, digitale Wasserzeichen sowie Systeme des Digital Rights Managements (DRM).
Digitale Bildinformationen – Veränderung strafbar
Noch wichtiger für die Bildbranche dürften die Bestimmungen des § 95 c UrhG sein, nach dem die „zur Rechtewahrnehmung erforderlichen Informationen“ unter rechtlichen Schutz gestellt werden. Sie dürfen weder entfernt noch verändert werden. Geschützt sind damit alle Informationen über das Werk (Foto), den Urheber (Fotografen) bzw. Rechteinhaber (Agentur) und die Nutzungsbedingungen, die durch Codes in digitalen Wasserzeichen oder durch Labels, Tattoos oder in anderer Form in Bilddateien integriert werden.
Zusätzlich zu den zivilrechtlichen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen von Fotografen (§ 97 Abs. 1 UrhG), drohen Verletzern Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr, bei gewerbsmäßigem Handeln sogar bis zu drei Jahren (§ 108 b UrhG) bzw. Bußgelder bis zu 50.000 Euro (§ 111 a UrhG). Nur wenn „die Tat ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch des Täters oder mit dem Täter persönlich verbundener Personen erfolgt“, ist sie nicht strafbar.
Kennzeichnungspflicht und Schrankenregelung
Urheber oder Hersteller, die solche technischen Schutzmaßnahmen anbringen, sind allerdings nach § 95 d UrhG verpflichtet, darauf deutlich hinzuweisen und Produkte entsprechend zu kennzeichnen. Hält man sich nicht daran, kann dies ebenfalls mit einer Geldbuße geahndet werden.
Außerdem müssen sie Mittel zur Umgehung des Kopierschutzes für einige Nutzungen von Werken zur Verfügung stellen, die durch die sog. Schrankenbestimmungen des Urheberrechts erlaubt sind. Diese Ausnahmen nach § 95 b UrhG betreffen Nutzungen für Rechtspflege und öffentliche Sicherheit, Sammlungen für Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch (z. B. Schulbücher) und Schulfunksendungen.
„Schranken“-Vergütung über die VG Bild-Kunst
Diese Bestimmung gilt auch für die beiden Schrankenregelungen, die neu in das Gesetz aufgenommen wurden: Veröffentlichungen für behinderte Menschen (§ 45 a UrhG) und die öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung (§ 52 a UrhG). Für beide neuen „Schranken“ (Schranken deshalb, weil damit die ausschließlichen Rechte der Urheber zugunsten der Allgemeinheit eingeschränkt werden) besteht eine Vergütungspflicht an die Verwertungsgesellschaften.
Relevant für Fotografen ist die nunmehr erlaubte öffentliche Wiedergabe von Werken zu Unterrichts- und Forschungszwecken in Intranets von Schulen oder Universitäten an geschlossene Benutzergruppen. Dies betrifft auch Fotos aus Büchern, Zeitungen, Zeitschriften oder dem Internet. Einen Ausgleich für diese Nutzung erhält (wie zum Beispiel auch für die digitale Privatkopie über die Geräteabgaben), wer mit der VG Bild-Kunst einen Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen hat.
Ausstellungskataloge und Porträtfotos
In § 58 UrhG wurde die sog. Katalogbildfreiheit neu geregelt und explizit auf Fotos ausgeweitet. Der Veranstalter einer Fotoausstellung darf nun zu Werbezwecken für die Ausstellung Fotografien vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich machen – ohne die gesonderte Zustimmung oder Honorierung der Fotografen. Außerdem dürfen die Fotos in Ausstellungskatalogen kostenfrei abgedruckt werden, soweit damit keine eigenen Erwerbszwecke verfolgt werden.
Und noch eine Neuregelung im § 60 UrhG: Wer von sich ein Porträtfoto anfertigen lässt (im Gesetz heißt es Bildnis) hat das Recht, Vervielfältigungen anfertigen zu lassen (etwa Bild-Kontaktkopien) und diese zu verbreiten. Das gleiche Recht haben nach seinem Tod die Angehörigen. Wichtig: Die Nutzung darf nur zu nicht gewerblichen, also privaten Zwecken erfolgen und eine Internet-Nutzung ist ohne Zustimmung des Fotografen nicht zulässig. Porträtfotografen können dafür ein zusätzliches Honorar fordern oder – bei ungenehmigter Verwertung – Schadensersatz und Unterlassung verlangen.
Nächste Novelle kommt – der „Zweite Korb“
Während die Umsetzung dieser neuen urheberrechtlichen Regelungen von den Verwertern sofort – zum Beispiel mit einer Großaktion der Phonoindustrie gegen Internet-Tauschbörsen – in Angriff genommen wurde, spielen die Medienunternehmen und ihre Verbände bei der Umsetzung der Reform des Urhebervertragsrechts von 2002 auf Zeit. Statt „angemessener Vergütung“ werden Buy-out-Verträge weiter perfektioniert, und gemeinsame Vergütungsregeln sind auch nach zwei Jahren noch nicht in Sicht.
Seit Oktober 2003 wird bereits intensiv an einer weiteren Urheberrechtsnovelle gearbeitet, dem sog. Zweiten Korb. Die Diskussion in den über ein Dutzend vom Bundesjustizministerium eingesetzten Arbeitsgruppen soll demnächst abgeschlossen werden und in einen Gesetzentwurf münden. Damit könnte die dritte Reform des Urheberrechts in diesem Jahrhundert in der Praxisumsetzung vielleicht noch die erste überholen.