Werbung, Werbung, Werbung

BGH untersagt „Focus“-Serien „Die 500 besten Ärzte/Anwälte“

Die beiden „Focus“-Serien „Die 500 besten Ärzte“ und „Die 500 besten Anwälte“ sind wettbewerbswidrig. Dies entschied Ende April der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Damit werde lediglich Werbung für die angepriesenen Mediziner/innen und Jurist/innen gemacht. Eine ernsthafte redaktionelle Berichterstattung sei hierin nicht zu sehen. Der BGH bestätigte damit zwei Urteile des Oberlandesgerichts München.

„Drei von hundert Herzpatienten sterben auf dem Operationstisch. Grund genug sich nur einem der besten Spezialisten anzuvertrauen. Focus nennt ihre Namen.“ So begann die erste Folge der „Focus“-Serie „Die 500 besten Ärzte Deutschlands“, mit der das Münchener Magazin vierzehn Mal seine Auflage heben wollte. Ein halbes Jahr später folgte eine weitere Serie in gleicher Machart: „Die 500 besten Anwälte“.

Gegen die Serien hatten die zuständigen Ärzte- und Anwaltskammern geklagt. Sie warfen „Focus“ vor, daß seine Auswahlkriterien nicht geeignet waren, eine ernsthafte Besten-liste aufzustellen. Bei den Anwält/innen bezog man sich nur auf eine Umfrage unter anderen Advokat/innen sowie auf Aufsatzveröffentlichungen. Bei den Ärzt/innen kamen noch zwei Kriterien hinzu: die Anwesenheit auf Fachkongressen und die Zahl der Eingriffe (ohne Erfolgsquote).

Ärzte und Anwältinnen, die nicht in der „Focus“-Liste auftauchten, fühlten sich nicht nur in ihrem Stolz gekränkt, sondern befüchteten auch Nachteile im Wettbewerb. Später rückten Markwort und Co. zwar noch den Hinweis ins Blatt „Focus will nicht behaupten, daß alle nicht aufgeführten Anwälte schlechter sind: aus Platzgründen ist hier nur eine Anzahl aufgeführt“. Der Passus „die 500 besten“ blieb in der Überschrift jedoch unverändert.

„Focus“ hat damit, so sah es jetzt auch der BGH, für die aufgeführten Anwälte und Ärztinnen eine Art von Werbung gemacht, die diesen standesrechtlich nicht erlaubt gewesen wäre. Damit habe „Focus“ gegen das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ verstoßen. „Focus“-Anwalt Rudolf Nirk (keiner der 500 „Besten“) drohte noch im Gerichtssaal mit einer Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung der Pressefreiheit.

Auf die Hochschul-Rankings von „Focus“ hat das BGH-Urteil keine Auswirkungen, da Universitäten (noch) nicht am gewerblichen Wettbewerb teilnehmen. (Az.: 1 ZR 154/95 Anwälte – 1 ZR 196/94 Ärzte)

 

Weitere aktuelle Beiträge

Weimer, ein konservativer Kulturkämpfer

Der neue Staatsminister und Bundesbeauftragter für Kultur und Medien Wolfram Weimer gilt politisch als Vertreter des liberal-konservativen Spektrums. Als ausgewiesener Kenner der Kulturpolitik war er bis zu seiner überraschenden Berufung im Mai nicht aufgefallen. Dagegen kann er aufgrund seiner vielfältigen Erfahrungen als Chefredakteur diverser Blätter (Welt, Cicero, Focus) sowie als Verleger des Magazins The European im Medienbereich eine beachtliche Expertise vorweisen.
mehr »

Rechte Gratiszeitungen machen Meinung

In Ostdeutschland verbreiten kostenlose Anzeigenblätter zunehmend rechte Narrative – etwa der Hauke-Verlag in Brandenburg. Unter dem Deckmantel von Lokaljournalismus mischen sich Werbung, Verschwörungserzählungen und AfD-Propaganda. Möglich wird das auch wegen der Krise des Lokaljournalismus: Wo es kaum noch Medienvielfalt gibt, füllen rechte Angebote die Lücken.
mehr »

dju: Kritik an Anti-SLAPP-Entwurf

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert Nachbesserungen am Referentenentwurf für ein Anti-SLAPP-Gesetz. Mit dem Gesetz soll das Problem der strategischen Einschüchterungsklagen gegen kritische Berichte von Journalist*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen eingedämmt werden. Die dju kritisiert die im Entwurf bestehenden juristischen Schlupflöcher.
mehr »

Palantir nicht mit EU-Recht vereinbar

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di hält den Einsatz der Analysesoftware Palantir durch die Polizei für nicht mit EU-Recht vereinbar. Hintergrund ist die Ankündigung von Innenminister Dobrindt, einen flächendeckenden Einsatz von Palantir prüfen zu lassen. Baden-Württemberg hat als inzwischen viertes Bundesland den Weg zum Einsatz der Analysesoftware durch seine Landespolizei freigemacht.
mehr »