Werkzeug für besseren Service

Studie zur künftigen Sicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Für den neuen, den 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrag war sie vorgesehen, doch dann in der seit Juni gültigen Endfassung nicht mehr drin: Eine Selbstverpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Kritiker sprechen vom Druck der Politik auf ARD, ZDF und DeutschlandRadio zur Selbstbeschränkung, Optimisten verweisen auf das Beispiel der BBC – und hoffen auf Zukunftsspielraum. Spätestens bei der Gebührendebatte im nächsten Jahr kommt das Thema wieder auf den Tisch.

Ein äußerst erhellendes und hilfreiches Werk in dieser Debatte haben renommierte Medienrechtler vorgelegt – eines, das auch mal über den deutschen Tellerrand hinaus schaut, ohne gleich das britische Beispiel zum alleinigen Vorbild hoch zu jubeln. Anderes ist auch nicht zu erwarten, wenn das Hamburger Hans-Bredow-Institut mit dem Schweizer Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) und die Uni Zürich kooperiert. So analysiert und vergleicht die Studie zu „Möglichkeiten der Absicherung des Public Service“ zunächst Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Portugal, Schweden und die Niederlande. Und zwar interdisziplinär, aus sozialwissenschaftler und aus rechtswissenschaftlicher Sicht. Das Ganze mündet dann in eine sogenannte „Tool-Box“, d.h. einen Vorschlag von Werkzeugen, mit denen der öffentliche Rundfunk auch künftig im Netzwerk von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft abgesichert werden kann.

Fazit der Autoren: Die Medienregulierung sollte angesichts des sich durch den privaten Rundfunk rasch verändernden Marktes dynamischer werden und sich mehr auf die Steuerung von Prozessen verlagern. Vor allem der Übergang zu „regulierender Selbstregulierung“ könnte den öffentlichen Rundfunk als wichtigen Teil gesellschaftlicher Kommunikation stärken. Interne wie externe Aufsicht sollten politik- und staatsferner organisiert werden, eine Mischung aus Laien- und Experten in Aufsichtsgremien wird empfohlen. Auch das Politiker-Druckmittel Gebührenfestsetzung könnte durch eine Indexierung, d.h. die automatische Anpassung an Marktpreise, seine Knebelwirkung verlieren. Im Gegenzug sollten die Rundfunkanstalten durch mehr Transparenz eine strikte Trennung von gebühren- und werbegeldfinanzierten Aktivitäten nachweisen.

Auch eine „Stiftung Media Watch“ oder einen Medienrat empfehlen die Autoren als geeignetes Instrument – womöglich zur Regulierung beider Teile des dualen Rundfunksystems. Zusammen mit besserer Rezipientenforschung statt Quotendominanz sowie Selbstverpflichtung zu programmlichen Standards und Qualitätskritierien könnte sich so der öffentliche Rundfunk fit machen für die Zukunft.


Der öffentliche Rundfunk im Netzwerk von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
Ottfried Jarren / Patrick Donges / Matthias Künzler / Wolfgang Schulz / Thorsten Held / Uwe Jürgens,
Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden/Hamburg,
217 Seiten, 40,– Euro
ISBN 3-7890-7692-9

Weitere aktuelle Beiträge

Weimer, ein konservativer Kulturkämpfer

Der neue Staatsminister und Bundesbeauftragter für Kultur und Medien Wolfram Weimer gilt politisch als Vertreter des liberal-konservativen Spektrums. Als ausgewiesener Kenner der Kulturpolitik war er bis zu seiner überraschenden Berufung im Mai nicht aufgefallen. Dagegen kann er aufgrund seiner vielfältigen Erfahrungen als Chefredakteur diverser Blätter (Welt, Cicero, Focus) sowie als Verleger des Magazins The European im Medienbereich eine beachtliche Expertise vorweisen.
mehr »

Rechte Gratiszeitungen machen Meinung

In Ostdeutschland verbreiten kostenlose Anzeigenblätter zunehmend rechte Narrative – etwa der Hauke-Verlag in Brandenburg. Unter dem Deckmantel von Lokaljournalismus mischen sich Werbung, Verschwörungserzählungen und AfD-Propaganda. Möglich wird das auch wegen der Krise des Lokaljournalismus: Wo es kaum noch Medienvielfalt gibt, füllen rechte Angebote die Lücken.
mehr »

dju: Kritik an Anti-SLAPP-Entwurf

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert Nachbesserungen am Referentenentwurf für ein Anti-SLAPP-Gesetz. Mit dem Gesetz soll das Problem der strategischen Einschüchterungsklagen gegen kritische Berichte von Journalist*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen eingedämmt werden. Die dju kritisiert die im Entwurf bestehenden juristischen Schlupflöcher.
mehr »

Palantir nicht mit EU-Recht vereinbar

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di hält den Einsatz der Analysesoftware Palantir durch die Polizei für nicht mit EU-Recht vereinbar. Hintergrund ist die Ankündigung von Innenminister Dobrindt, einen flächendeckenden Einsatz von Palantir prüfen zu lassen. Baden-Württemberg hat als inzwischen viertes Bundesland den Weg zum Einsatz der Analysesoftware durch seine Landespolizei freigemacht.
mehr »