Besserer Sozialplan für die Gekündigten des Berliner Abendblatts gefordert
„Wenn Euch der Verlag Saures gibt, wollen wir wenigstens Süßes überreichen und Euch anständig verabschieden“, erklärte Nico Hoffmann, stellv. BR-Vorsitzender des Berliner Verlages. Blumen, Souvenirs und Solidaritätsbekundungen für die Gekündigten vom Berliner Abendblatt gab es am 1. November in der Mittagspause. Von der eigenen Geschäftsführung dagegen Schweigen. Obwohl – einer Teilschließung vergleichbar – fast die Hälfte der 50köpfigen Belegschaft an diesem Tag den Schreibtisch räumen musste, soll es für die Entlassenen nur das Nötigste nach dem geltenden Sozialtarifvertrag des Berliner Verlages geben. „Vor unserer letzten Ausgabe am 31. Oktober hat man uns informell noch ein Angebot darüber hinaus gemacht. Offenbar wollte man uns für die Produktion bei der Stange halten. Inzwischen ist von Zusatzleistungen keine Rede mehr“, empört sich die stellv. Betriebsratsvorsitzende Gertrud Völlering. Ein eigener Sozialplan für die rausgeworfenen 23 zumeist langjährigen Beschäftigten – eingeschlossen die komplette Redaktion – beschäftigt nun das Berliner Arbeitsgericht. Auf Antrag des Betriebsrates wird eine Einigungsstelle eingerichtet. Der Betriebsrat möchte eine Transferagentur durchsetzen, um die beruflichen Perspektiven der Entlassenen auf dem umkämpften hauptstädtischen Medienmarkt zu verbessern.
Monatelang waren die Abendblatt-Macher hinters Licht geführt worden. Dass ein Relaunch geplant sei und die angereisten MDS-Creative-Chefs lediglich redaktionelle Abläufe kennenlernen wollten, hieß es im Sommer. „Wir haben mit ihnen Tisch an Tisch gesessen und noch kollegial Auskunft gegeben“, so Völlering. Die Anwerbung von „Kiezreportern auf 400-Euro-Basis“ per Annonce habe nichts mit dem Abendblatt zu tun, war eine weitere Management-Lüge. Von den wahren Plänen erfuhr selbst der Betriebsrat erst unmittelbar vor den Kündigungen.
Inzwischen hat die externe Dumping-Redaktion erste Abendblatt-Ausgaben geliefert. In „frischem Look“ gab gleich die Nummer Eins mit stehen gelassenem Blindsatz und Überschriftenfehlern auf der Titelseite eine zweifelhafte Qualitätsempfehlung. Innen ein kurzes Grußwort: Der Regierende Bürgermeister sah „Zeitungen in Bewegung kommen“ und wünschte dem „neuen Team“ alles Gute. „Wir denken, dass man Sie … missbraucht hat, um einen in der Berliner Medienlandschaft beispiellos brutalen Vorgang … schön zu reden“, schrieben ihm daraufhin zwei Kolleginnen aus dem „alten“ Abendblatt. Inzwischen ließ Wowereit die Hoffnung übermitteln, dass vollzogene und geplante „konzeptionelle Umstrukturierungen im Berliner Verlag nicht zu einem Qualitätsverlust führen, auch nicht bei Umfang und Art der Beschäftigung“.