„Berliner“: Vieles neu macht der Mai?

"Berliner" am Wochenende bald ganz ohne traditionelle Bücher? Foto: neh

Veränderungen bei der „Berliner Zeitung“ werden auf der Medienplattform „Horizont“ angekündigt: Die Wochenendausgabe der hauptstädtischen Tagszeitung – erst kürzlich relauncht und für 2,50 Euro sonnabends im Handel – soll nun durch ein Magazin im Zeitungsformat ersetzt werden. Die Pläne samt Nullnummer werden detailliert vorgestellt. Doch nicht nur die Beschäftigten im Berliner Verlag wissen offenbar bisher gar nichts Konkretes.

Das neuste Kind von Verleger Holger Friedrich soll – stimmen die Informationen von Medienfachjournalistin Ulrike Simon – mit 58 Seiten Umfang in luftigem Layout mit großformatigen Fotos, reichlich Weißraum und in vier thematisch-trendige Bücher aufgeteilt vor allem junge Leser für das traditionsreiche Printprodukt gewinnen. Schon der angekündigte Preis von 3,60 Euro pro Ausgabe lässt Zweifel aufkommen, ob die Rechnung wirklich mit der angestrebten Zielgruppe gemacht wurde. (*Korrektur am 25.3.2021, siehe auch Gegendarstellung unter dem Beitrag)

Aber noch Etliches mehr ist bislang unklar: Es verwundert in diesem Zusammenhang, dass Geschäftsführer Holger Friedrich kürzlich die aus DuMont-Zeiten noch existierende, aber quasi tote Berliner Kurier GmbH in eine BV Berliner Zeitung Am Wochenende GmbH umfirmiert hat. Das lässt sich im Handelsregister nachvollziehen. Ob das darauf hindeutet, dass das Verlegerehepaar Friedrich von seiner Strategie abrückt, alles unter DuMont unternehmerisch kleinteilig Zergliederte wieder zusammenzuführen, wird sich zeigen müssen.

Auch ist offen, ob die Wochenend-GmbH demnächst Personal rekrutieren oder auf die redaktionellen Dienste der bestehenden Berliner Newsroom GmbH zurückgreifen soll, die „Berliner Zeitung“ und „Berliner Kurier“ mit redaktionellen Inhalten bestückt. Welche Zeitplanung für die Umstellung existieren könnte, ob es stimmt, dass überwiegend neue, junge Redakteur*innen für das Magazin gewonnen werden sollen und was sonst an den Plänen realistisch ist, lässt sich momentan schwer sagen. Auch dem Betriebsrat ist nichts Konkretes bekannt. Die Interessenvertretung hat nach Bekanntwerden der Neuerung umgehend Fragen an die Geschäftsführung gestellt. Die sollen, so hofft man, wohl zügig beantwortet werden.

Dass man in der Alten Jakobstraße etwas gegen den Auflagenrückgang der gedruckten Zeitung tun sollte, ist offensichtlich. Denn auch im Vergleich zu den beiden anderen hauptstädtischen Tageszeitungen schneidet die „Berliner“ in den letzten Monaten nicht gut ab. Ob die Flucht nach vorn mit einem Wochenend-Magazin gelingt, das kaum aktuelle Meldungen, dafür mehr Hintergründiges, Interessantes, Skurriles aus Kultur, Lifestyle und Hauptstadtkolorit unter Titeln wie „Was uns inspiriert“ oder „Wie wir leben“ liefert, ist mehr als fraglich. Zumal die Digitaltransformation, wie sie andere Blätter zumindest für die Werktagsausgaben energisch vorantreiben, im Hause Friedrich nur sehr schleppend vorankommt. Wenn es allerdings, wie Medienfachfrau Simon mutmaßt, darum ginge, „sich weiter zu entfernen von der alten Stammklientel aus dem traditionellen Berlin-Hellersdorfer Milieu“, dann gäbe eine solche Wochenend-Innovation womöglich Hoffnung.

Aktualisierung am 22. März: Wie die „Berliner Zeitung“ in ihrer Wochenendausgabe berichtete, soll die Magazin-Umstellung bereits ab 27. März wirksam werden. Die neue, fünf Bücher umfassende Ausgabe wird als „großes Abenteuer“ für die Zeitung bezeichnet und solle Abonnenten preislich bis zum Ende ihres Bestellturnus „erst mal nicht kümmern“.

25.03.2021 Gegendarstellung

Im dem Artikel „´Berliner`: Vieles neu macht der Mai?“ auf https://mmm.verdi.de vom 18.03.2021 heißt es in Bezug auf die künftige Wochenendausgabe der Berliner Zeitung und Informationen der Medienfachjournalistin Ulrike Simon:

„Das neueste Kind von Verleger Holger Friedrich (…) mit 40 Seiten Umfang (…) der angekündigte Preis von 4,50 Euro pro Ausgabe (…) soll (…) in einer eigenen GmbH erscheinen. “

Hierzu stellen wir fest:

Die geplante Wochenendausgabe der Berliner Zeitung wird 58 Seiten umfassen. Sie wird 3,60 Euro kosten und nicht in einer eigenen GmbH erscheinen, sondern wie auch die Berliner Zeitung in der Berliner Verlag GmbH.

Berlin, den 24.3.2021

Berliner Verlag GmbH vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Mirko Schiefelbein und Holger Friedrich

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