Urhebern drohen sinkende VG-Wort-Tantiemen
Das Geschäftsergebnis 2007 der Verwertungsgesellschaft Wort ist topp, folglich ihre Ausschüttungen an Journalisten, Autoren und Verlage im Juni 2008 höher als im Vorjahr. Für die Zukunft ist allerdings ein massiver Einbruch zu erwarten, denn die Geräteimporteure wollen die Zahlung der Kopiergerätevergütung verweigern.
Über das Geschäftsjahr 2007 konnte Rainer Just, geschäftsführendes Vorstandsmitglied, den Wahrnehmungsberechtigten und Mitgliedern der VG Wort auf den Versammlungen am 23. und 24. Mai in Berlin nur Positives berichten. Die Erlöse aus der Wahrnehmung von Urheberrechten sind von 85,89 um 3,7 Prozent auf 89,06 Millionen Euro gestiegen und liegen damit nur knapp unter dem Rekordergebnis von 2005 mit 91,37 Millionen Euro.
„Trotz der guten Zahlen können wir für die Zukunft nicht optimistisch sein“, musste sein Juristen-Pendant, Prof. Dr. Ferdinand Melichar, allerdings Wasser in den Wein schütten. Zwar hat die VG Wort gemeinsam mit Urheber- und Verlegerverbänden und aktiv unterstützt von vielen Urhebern beim „Zweiten Korb“ der Urheberrechtsreform „das Schlimmste verhindert“, dennoch droht zumindest eine lange Durststrecke bei der Kopiergerätevergütung. Und diese hatte 2007 immerhin einen Anteil von rund 30 Millionen Euro an den VG-Wort-Einnahmen.
BGH-Urteil gegen Vergütungspflicht
Negatives in Bezug auf die Kopiergerätevergütungen musste Melichar auch für die Zeit vor der zum 1. Januar 2008 geänderten Rechtslage berichten. So hatte der Bundesgerichtshof entgegen den Vorinstanzen am 6. Dezember 2007 in einem Grundsatzurteil entschieden, dass für Drucker keine Vergütungspflicht nach den vorher geltenden Regelungen bestehe. Das Urteil des I. BGH-Zivilsenats unter seinem neuen Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Joachim Bornkamm beschert den Urhebern Verlust an Tantiemen in dreistelliger Millionenhöhe. Hiergegen hat die VG Wort Verfassungsbeschwerde eingelegt (siehe M 1-2/2008).
Die im bisherigen Gesetz vorgesehenen Vergütungssätze für Kopiergeräte hat der BGH in einem weiteren Urteil vom 31. Januar 2008 auch für Multifunktionsgeräte für rechtens erklärt. Allerdings ging es nur um die Vergütungspflicht für den Zeitraum von 1997 bis 2001. Für die Jahre danach könnte es, so der BGH in seiner Pressemitteilung, „verfassungsrechtlich bedenklich sein, wenn der Vergütungssatz im Verhältnis zum Gerätepreis derart hoch wäre“. Eine BGH-Entscheidung zur Vergütungspflicht von PCs wird vermutlich im Herbst 2008 fallen.
Seit Anfang 2008 gilt nun das neue Urheberrecht. Danach müssen Verwertungsgesellschaften und IT-Industrie die Höhe der Kopiergerätevergütungen aushandeln. „Wir erkennen zwar eine Abgabenpflicht an, aber eben nicht in dieser Höhe“, hat der Unternehmerverband BITKOM dazu mehrfach erklärt. Tatsächlich liegen aber Welten zwischen den bisherigen Sätzen und dem, was die Geräteindustrie künftig zahlen will. Die seit neun Monaten laufenden Verhandlungen sind praktisch vor dem Scheitern.
Verhandlungen gescheitert – Industrie will nicht zahlen
Doch nicht nur dies. Die Geräteindustrie verweigert außerdem die Anerkennung der gesetzlichen Übergangsregelung, nach der die bisherigen Tarife für die Kopiergerätevergütungen bis Ende 2009 weiter gelten, wenn keine anderen vereinbart werden. Sie hat angekündigt, vorerst gar nichts zu zahlen.
Muss dies alles durch drei Instanzen (Schiedsstelle beim Patentamt, OLG München und BGH) durchgefochten werden, dauert das mindestens drei Jahre, in denen die Urheber in die Röhre gucken. Um dies zu verhindern, wird also wohl der Gesetzgeber gefordert sein – und, um ihn dahin zu bewegen, ab Herbst sicher auch wieder das öffentliche Engagement der Urheber und ihrer Verbände, so Melichar in Berlin.
2009 wird es allerdings noch nicht zu dem großen Einbruch bei den Ausschüttungen der VG Wort an die Journalisten und Autoren kommen. Denn in diese fließen noch die Zahlungen der Kopiergerätevergütung für das zweite Halbjahr 2007 und die vorm BGH erstrittenen Zahlungen für Multifunktionsgeräte ein.
Außerdem hat die VG Wort in Berlin die durch den „Zweiten Korb“ neu geregelten vergütungspflichtigen Zweitnutzungen in ihren Wahrnehmungsvertrag aufgenommen, so für den Kopienversand und elektronische Leseplätze der Bibliotheken, Kopien aus Schulbüchern und Nutzung von vor 2007 veröffentlichten Werken in zuvor unbekannten Nutzungsarten, sofern der Urheber diesen beim Verwerter nicht widersprochen hat.
Ausschüttungsquoten 2008 für 2007 in Euro (= Vorjahr)
Pressespiegel: Sockel 80,00 (90,00) / Punktewert 4,60 (4,20)
Presse Repro: Punktewert 7,00 (6,50)
Zeitschriften und Buchbeiträge Wissenschaft: pro Normseite 2,50 (2,20)
Bibliothekstantieme: Sockel 57,50 (48,65)
Hörfunk: Punktewert 3,00 (3,00)
Fernsehen: Punktewert 0,90 (0,90)