Kölner Debatte über Arbeitsbedingungen der Fernsehschaffenden
Die Situation in der Fernsehbranche hat sich in den letzten Jahren drastisch geändert. Personal wird eingespart. Produktionsfirmen werden im Preiskampf insolvent, Beschäftigte bleiben ohne Auftrag – die Stimmung ist deutlich rauer geworden. Um mit Experten und Kennern der Branche und vor allem mit den Beschäftigten zu reden, hatte die Fachgruppe Medien in ver.di NRW zum „Kammerflimmern in der Kiste“ am 14. November in die Alte Feuerwache in Köln eingeladen.
Für einen genauso kenntnisreichen wie temperamentvollen Auftakt der Veranstaltung sorgte Stefan Nowak, seit 14 Jahren freiberuflicher Kameramann und bei ver.di im Vorstand des Filmverbandes engagiert. „Die Honorare sind seit 20 Jahren nicht gestiegen“, konstatierte er „und in Anbetracht der Produktionskrise können wir darauf warten, dass man versuchen wird, unsere Honorare noch weiter zu drücken“. Die öffentlich-rechtlichen Sender griffen gerne auf Dienste freier Kameramänner und -assistenten indirekt über Produktionsfirmen zurück. Damit die Sender behaupten können, ihre Mitarbeiter hätten geregelte Arbeitszeiten und würden anständig bezahlt. Dabei seien 16–18 Stunden-Tage bei den Freien nicht selten, 12 bis 14 Stunden eher die Norm. Die Sender stellten sich über von ihren Produktionsfirmen vorgelegten Knebelverträgen von allen etwaigen Ansprüchen frei, und wälzten die juristische und finanzielle Verantwortung auf die freien Kameraleute ab. „Zu Stundenlöhnen, die auf die Stunde gerechnet an den Stundenlohn eines Fleurop-Verkäufers heranreichen“, so Nowak. „220 bis 330 Euro Tagessatz gibt´s für den Kameramann, 120 bis 205 Euro für die Assistenz, an Reisetagen die Hälfte“. Einige Produzenten versuchten selbst diese Sätze noch zu profitableren Pauschalpreisen runterzuhandeln. Aber auch vielen anständigen und engagierten Produzenten würden von den Sendern dauernd die Budgets und Tagessätze gekürzt. Inzwischen gelte überall die Maxime „Fernsehen soll teuer aussehen, darf aber nichts kosten“. Und angesichts eines schon existenten und weiter wachsenden Medienprekariats fragte Nowak: „Was ist eigentlich in der Branche los? Warum werden wir so schlecht bezahlt?“
Mit dem nüchternen Blick des Arbeitsmarktkenners analysierte der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Köln, Peter Welter, die Medienbranche. „Die Rezession kommt erst langsam an in der Branche, das Schlimmste steht uns noch bevor“, so Welters. Die Medienbranche in Köln sei von sehr mächtigen Auftraggebern auf der einen und sehr schlecht organisierten Auftragnehmern auf der anderen Seite geprägt. „Die Kreishandwerkerschaft in Köln ist viel besser organisiert als die Film- und Fernsehschaffenden. Wenn sie ihre Lage verbessern wollen, müssen sie ihre Interessen besser bündeln und organisieren“. Typisch für die Branche sei das Auslagern von Aufträgen, was in der Regel immer mit einem Preisverfall verbunden sei. Hinzu komme die hohe Attraktivität des Marktsegmentes Medien, was dazu führe dass Auftraggeber zu fast jedem Honorar arbeitswilliges Personal finden würden.
Die abschließende Diskussion, an der sich neben dem Publikum auch die Podiumsteilnehmer Peter Welters, Wolf Kessler (Geschäftsführer InterPool Medienservice) und Uli Veith (Geschäftsführer taglicht media Film- und Fernsehproduktion) beteiligten, sorgte für weitere ernüchternde Einblicke in die Arbeitsbedingungen der Branche, in der sich die Honorarspirale stetig nach unten dreht und Verstöße gegen das Arbeitszeitengesetz trotz Tarifvertrag (Bis an die Grenze M 11/2009) die Regel zu sein scheinen. Rainer Marquardt forderte als Vertreter der Fachgruppe Medien, der WDR müsse seine Auftragnehmer zu mehr Tariftreue anhalten. Diese könne über die gewerkschaftlichen Vertreter im WDR-Rundfunkrat angemahnt werden. Der Filmemacher Warwick Hempelmann schlug vor, dass man für Filmproduktionen wie in den USA Setsprecher wählt, die auf die Einhaltung von Gesetzen und Tarifverträgen achteten und im Konfliktfall vermittelten.