CinemaxX und UFA bündeln Kräfte – Konzentration im deutschen Kinomarkt schreitet fort
Schon seit Wochen kursierten in der deutschen Filmtheaterbranche Spekulationen, dass die großen Kinoketten Gespräche über Kooperationen oder Fusionen führen. Am 7. Januar war es dann soweit: Die beiden größten deutschen Kinobetreiber, CinemaxX und UFA, gaben bekannt, dass sie eine Partnerschaft anstreben. Alle Standorte und die Perspektiven einer Kooperation würden unter die Lupe genommen, teilte die CinemaxX AG in Hamburg mit. CinemaxX-Leiter Hans-Joachim Flebbe und UFA-Chef Volker Riech wollten eine zügige Prüfung.
Nach Angaben Flebbes stagnierte die Zahl der Kinobesucher in Deutschland 1999 bei etwa 150 Millionen. Allerdings konnten die Multiplex-Theater ihren Anteil steigern. Bei diesen Großbauten ist CinmaxX Marktführer vor der Lübecker Kinokette Kieft & Kieft. Insgesamt sind sieben Unternehmen im Multiplex-Bereich aktiv, erreichen aber keine dominierende Marktstellung.
Einige Bauvorhaben der neuen Partner dürften nun wohl nicht mehr realisiert werden, vor allem in Städten, in denen sich zwei oder gar drei Multiplex-Center nicht rentieren.
Überangebot an Kinosälen
Kartellrechtlich gilt ein Zusammenschluss von UFA und CinemaxX als unbedenklich, weil die meisten der rund 4.500 Kinosäle in Deutschland von Einzelbetreibern geführt werden. Die Düsseldorfer UFA-Theater GmbH&Co.KG ist mit 430 Leinwänden zwar das größte deutsche Kinounternehmen, spielt aber bei den Multiplexen nur eine Nebenrolle. Mit einem hohen Bestand traditioneller Kinos rechnet die Firma für 1999 mit einem Umsatz von rund 300 Millionen Mark. Dagegen betreibt die börsennotierte CinemaxX-Gruppe bereits 27 Multiplexe mit 248 Leinwänden, dazu einige herkömmliche Filmtheater. Das Hamburger Unternehmen setzte im Geschäftsjahr 1998/99 272 Millionen Mark um.
Hauptursache für die Annäherung der bisherigen Konkurrenten ist nach Ansicht von Experten das so genannte Overscreening, also ein Überangebot an Kinosälen für das erreichbare Publikum. Deswegen leiden schon jetzt einzelnen Kinos unter zu geringer Auslastung. Mit dem Multiplex-Boom zu Beginn der neunziger Jahre sei der Markt „in einigen Teilen Deutschlands gut gesättigt“, erläuterte CinmaxX-Pressesprecher Thomas Schulz. Dementsprechend halten sich in der Branche Gerüchte, dass sich einige Unternehmen im Wettrennen um die besten Standorte für die teuren Neubauten verhoben haben. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass Flebbe eine Konsolidierung in der deutschen Kinowirtschaft erwartet.
Unterangebot an „Block Bustern“
Zu den selbstgemachten Problemen der Kinoketten kommt nach Einschätzung von Fachleuten ein eher unterdurchschnittliches Angebot an Filmen vor allem aus Hollywood erschwerend hinzu: Dass ein exorbitanter Block Buster wie „Titanic“ 1999 keinen ebenbürtigen Nachfolger bekam, machte sich an den Kinokassen eben bemerkbar.
Trend zu Megaplexen
Noch im November hatte die Filmförderungsanstalt bei einem Bestand von damals 4.469 Kinosälen etliche weitere Neueröffnungen, insbesondere von Multiplexen, erwartet – bei steigendem Multiplexanteil. Bis Ende September 1999 gab es hierzulande 85 Multiplexe mit 793 Leinwänden, die mit 35,5 Millionen Besuchern rund ein Drittel der Gesamtbesucher anlockten. Während von Januar bis September 1999 214 Säle neu- oder wiedereröffnet wurden, ging in 180 Sälen endgültig das Licht aus. Die Hälfte davon wurde an Multiplex-Standorten geschlossen. Trotz der Warnsignale hält der Bauboom in der Kinobranche an:
Nach einer Aufstellung im Fachblatt „Filmecho“ dürften binnen zwei Jahren etwa 60 Kinoprojekte von Erweiterungen bis zu riesigen Mepaplexen mit zusammen gut 500 Leinwänden und 100.000 Sitzplätzen gebaut werden. Damit würde sich die bestehende Kapazität von rund 800.000 Kinosesseln um rund ein Achtel erhöhen. Fragt sich nur: Wer soll auf all diesen schönen neuen Sitzen Platz nehmen?
Zusammenarbeit auf internationaler Ebene
Wie weit die Zusammenarbeit gehen soll, lassen UFA und CinemaxX bisher noch offen. Für CinemaxX-Pressesprecher Schulz gibt es etliche Möglichkeiten: „Lokale, regionale, aber auch nationale Kooperationen“ seien denkbar. Nicht erwähnt wurden – wohl bewusst – internationale Kooperationen. Denn CinemaxX ist auch auf europäischer Ebene aktiv. Nach dem Bündnis mit dem führenden belgischen Multiplex-Betreiber Kinepolis N.V., der Kinopaläste in den Benelux-Staaten, Frankreich und Spanien unterhält, will man zusammen weitere Kinokomplexe in Skandinavien und Osteuropa bauen.
Kündigung beim HDF
Aus der Sicht der Beschäftigten ist ein weiterer Fakt besonders zu beachten, insbesondere im Hinblick auf künftige Tarifverträge. Im Juni 1999 kündigten die drei größten deutschen Filmtheaterunternehmen – CinemaxX, Kieft & Kieft und UFA – die Mitgliedschaft im Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF) mit Wirkung zum 31. Dezember. Mittlerweile gründeten sie einen eigenen Interessenverband namens Cineropa mit Sitz in Berlin. Allerdings besteht der laufende Tarifvertrag noch bis zu 30. Juni 2000 fort, wie CinemaxX-Sprecher Arne Schmidt am 17. Januar auf Anfrage mitteilte. Im HDF ist der Großteil der fast 1.200 Kinobetriebe zusammengeschlossen, darunter viele, die zumeist nur regional oder lokal aktiv sind. Angesichts des „anhaltenden Strukturwandels in der Kinowirtschaft und neuen Angeboten in der Kultur- und Freizeitindustrie“ sahen die großen Drei ihre Interessenvertretung in einem gemeinsamen Dachverband „nicht mehr ausreichend gewährleistet“, heißt es in einer Pressemitteilung. Ferner wollen sich die Cineropa-Mitglieder „zunehmend den Anforderungen eines gesamteuropäischen Multiplexmarktes stellen.“
Laut Cineropa hat der nachhaltige „Strukturwandel“ dank der Multiplex-Welle nach Jahrzehnten des Besucherrückgangs seit Anfang der neunziger Jahre „zu deutlich ansteigenden Besucherzahlen und nahezu einer Verdoppelung der Umsätze in der Kinowirtschaft geführt.“ Im ersten Halbjahr 1999 ging jeder dritte Kinobesucher in ein Multiplex, obwohl dessen Anteil nur 17 Prozent des Bestandes ausmacht. Mit anderen Worten: Die herkömmlichen Einzelkinos leiden an Besucherschwund, der sich vor allem in der Fläche auf die Dauer in weiteren Kinoschließungen niederschlägt und damit Arbeitsplätze kostet.