Lokal ausgedünnt

WAZ: 300 Stellen bisher sozialverträglich abgebaut

Mit der Unterschrift unter den Sozialplan durch die Geschäftsleitung Ende April haben die Betriebsräte der vier Zeitungstitel der WAZ-Mediengruppe in NRW ein wichtiges Ziel ihrer Strategie erreicht. Der Personalabbau der etwa 300 Redakteursstellen bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung/WAZ), Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung (NRZ), Westfälische Rundschau (WR) und Westfalenpost (WP) wird sozialverträglich über die Bühne gehen.

Was allerdings immer noch aussteht, ist ein klares Bekenntnis der Geschäftsleitung, dass dies auch ohne betriebsbedingte Kündigungen funktionieren wird. Etwa 25 Stellen, so die Information des Dortmunder ver.di-Sekretärs Norbert Szepan, müssen nach den Vorgaben der Unternehmensberatung Schickler noch eingespart werden.
Das früher noch engmaschige Netz miteinander konkurrierender Lokalredaktionen wird weiter systematisch ausgedünnt. So schließen zum Beispiel zum 1. Juli trotz entschiedener Bürger- und Politikerproteste die Lokalredaktionen der Westfalenpost in Soest und in Werl. Die Westfalenpost verschwindet dort ganz vom Markt und überlässt das Gebiet der Konkurrenz. In anderen Orten wie Ennepe-Süd oder Olpe sorgen neu geschaffene Gemeinschaftsredaktionen jetzt für die lokale publizistische Versorgung. Der von ihnen produzierte Lokalteil erscheint inhaltsgleich sowohl mit dem Mantel der Rundschau als auch dem der Westfalenpost.
Meldungen, die behauptet hatten, die WAZ habe vor, sich auch noch fast komplett aus dem Kreis Recklinghausen zurückzuziehen, wurden einstweilen von Chefredakteur Ulrich Reitz auf einer gemeinsamen Betriebsversammlung von WAZ und NRZ in Essen als „Gerücht“ dementiert. Die Mantelredaktionen der vier Zeitungen haben einen zum Teil drastischen Personalabbau hinnehmen müssen, so ist nach Angaben des Betriebsrates die Mantelredaktion der WR um 60 Prozent verringert worden. Für die achtzig Kolleginnen und Kollegen, die von den Redaktionen der WAZ, der NRZ und der WR in die neue gegründete GmbH für den zentralen Content-Desk für den Mantel dieser Titel in Essen gewechselt sind, konnten die Betriebsräte in den neu zu unterschreibenden Arbeitsverträgen eine Tarifbindung an die Gehalts- und Manteltarifverträge an Tageszeitungen erreichen. Eine Besitzstandwahrung nach § 613 a BGB konnte für die etwa noch 30 im Verlag verbliebenen festangestellten Fotografen von NRZ und WAZ, die zur Tochtergesellschaft WAZ New Media wechseln mussten, mit der Geschäftsleitung vereinbart werden. Zudem schreibt eine Betriebsvereinbarung fest, dass die Betriebsräte, die innerhalb der WAZ-Mediengruppe den Arbeitgeber gewechselt haben, bis zu den nächsten Betriebsratswahlen 2010 mit ihren alten Zuständigkeiten im Amt bleiben können.
Mitte Juni ist es erstmals zu einer Demonstration vor der Essener Zentrale des WAZ-Konzerns in der Friedrichstraße gekommen. Aufgerufen vom ver.di-Bezirk Essen haben etwa 60 Beschäftigte der Medienservicegesellschaft (MSG) dort für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Nach bislang noch unbestätigten Informationen sollen von den jetzt noch 44 bestehenden Leserläden nur noch 27 übrig bleiben. Sie sollen durch ein Shop-in-Shop-System ersetzt werden, das in den Filialen des Großbäckers Kamps realisiert werden soll.
Mehr Info: www.medienmoral-nrw.de
 

Weitere aktuelle Beiträge

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »

Gutes Ergebnis für die VG Wort

Im Jahr 2024 hat die VG Wort 165,64 Millionen Euro aus Urheberrechten eingenommen. Im Vorjahr waren es 166,88 Millionen Euro. Aus dem Geschäftsbericht der VG Wort geht hervor, dass weiterhin die Geräte-, und Speichermedienvergütung der wichtigste Einnahmebereich ist. Die Vergütung für Vervielfältigung von Textwerken (Kopiergerätevergütung) ist aber von 72,62 Millionen Euro im Jahr 2023 auf nun 65,38 Millionen Euro gesunken. Die Kopier-Betreibervergütung sank von 4,35 auf 3,78 Millionen Euro.
mehr »

Smart-Genossenschaft für Selbstständige

Smart klingt nicht nur schlau, sondern ist es auch. Die solidarökonomische Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 2015 vielen selbstständig Tätigen eine bessere und stärkere soziale Absicherung verschafft – genau der Bereich, der bei aller Flexibilität und Selbstbestimmtheit, die das selbstständige Arbeiten mit sich bringt, viel zu oft hinten runterfällt.
mehr »