dapd-Investoren lassen sich bisher kaum in die Karten schauen
Gibt es eine Zukunft für die insolvente Nachrichtenagentur dapd? Zum Jahresbeginn erfolgte ein Neustart mit neuen Investoren um den ehemaligen N24-Chef Ulrich Ende. Doch angesichts des Verlustes wichtiger Kunden und ungeklärter Finanzierung bleiben Fragen.
Die frohe Botschaft erreichte Beschäftigte und eine erstaunte Fachöffentlichkeit am 11. Januar: „Gestern wurde die dapd Nachrichten Beteiligungs GmbH mit Sitz in Tutzing, Klenzestr. 1 von Ulrich Ende gegründet“, ließ Insolvenzverwalter Christian Köhler-Ma mitteilen. Mit der von Ende gezeichneten Anlage von „rund einer Million Euro“ sei die Gesellschaft „handlungsfähig, die den Betrieb der dapd-Gesellschaften aus der Insolvenz kaufen will“.
Zur Erinnerung: Anfang Oktober 2012 war dapd überraschend in Konkurs gegangen. Die beiden Finanzinvestoren Peter Löw und Martin Vorderwülbecke hatten inmitten einer hitzigen Expansionsphase die Reißleine gezogen. Zuletzt, so klagten sie, hätten sie monatlich eine Million Euro zuschießen müssen, um die Agentur am Laufen zu halten. Im Dezember legte Insolvenzverwalter Wolf-Rüdiger von der Fecht ein Sanierungskonzept vor, das die Fortführung von dapd in reichlich abgespeckter Form vorsah: 200 statt der bisher knapp 300 festen Redakteure, weitgehender Rückbau der Sportredaktion, weniger Video und eine Bündelung bei den Landesdiensten.
Frankfurter Büro geschlossen
Seither häuften sich die Hiobsbotschaften. Als erster wichtiger Kunde wechselte die Essener WAZ-Gruppe zurück zu Marktführer dpa. Auch die Süddeutsche Zeitung, die FAZ, einige Blätter von DuMont sowie die Saarbrücker Zeitung verzichten künftig auf die dapd-Dienste. Härtester Schlag war die Aufkündigung der Zusammenarbeit von Seiten der US-Agentur Associated Press (AP). Gerade diese Kooperation galt – vor allem wegen des internationalen Bilderdienstes – als zentrales Argument für die Stabilisierung bisheriger Kundenkontakte und zur Gewinnung neuer Kunden. Aus diesem Grunde hatte Ex-Konkursverwalter von der Fecht – erfolglos – der AP-Kündigung widersprochen. Sein Argument: Ohne AP-Lizenz sei dapd nicht überlebensfähig. Laut Branchendienst „meedia“ gebe es „Anzeichen“ dafür, dass ihm eben deshalb nach drei Monaten „das Heft aus der Hand genommen wurde“.
Kein gutes Zeichen ist auch die Schließung des Frankfurter Büros von dapd. Jahrzehntelang hatte der deutsche Dienst von AP dort seine Zentrale. Zuletzt saßen in der Main-Dependance die dapd-Auslandsredaktion und das hessische Landesbüro. Damit ist dapd ausgerechnet am bedeutendsten Finanzstandort nicht mehr vertreten. Nach einer ersten Entlassungswelle vom November 2012 bekamen jetzt 15 Redakteure und Redakteurinnen der Auslandsredaktion sang- und klanglos die Kündigung. Weder die Geschäftsführung noch die Chefredaktion oder die Ressortleitung hätten es „für nötig befunden, sich zur Schließung des Standortes Frankfurt zu äußern“, klagten die Betroffenen in einer bitteren Abschiedsmail. Vermutlich um nicht darauf hinweisen zu müssen, „dass die Auslandsredaktion jetzt nur noch aus einer Handvoll Leuten in Berlin besteht, die nun sieben Tage die Woche 24 Stunden Dienst abdecken sollen“.
Der neue Miteigentümer Ende begreift sich eher als Journalist denn als Investor, wie er kurz nach seinem Einstieg im Tagesspiegel-Interview verriet. Umso kühner erscheint sein Plan, „mit der dapd eine zweite große Nachrichtenagentur neben der dpa am deutschen Markt erfolgreich zu machen“. Brancheninsider raten längst dazu, das Konzept einer Vollagentur aufzugeben und dapd stattdessen komplementär, also ergänzend zur dpa zu positionieren. Selbst dafür bedarf es einer soliden Finanzierung. Ob die bislang von Ende genannten Ko-Investoren das leisten können, erscheint mehr als zweifelhaft.
Als ersten „strategischen“ Investor brachte Ende den Unternehmer Christoph Bausinger ins Spiel. Dessen Firma Hunternet mit Sitz in Wiesbaden ist unter Experten ein medienökonomisch weitgehend unbeschriebenes Blatt. Gleiches gilt für den zweiten „Kleckerinvestor“ („meedia“), Buchverleger Wolfgang Pabst, der in Lengerich den wissenschaftlichen Verlag Pabst Science Publishers und mit „deutlich weniger“ als einer Million Euro bei der Agentur eingestiegen sein soll. Das dürfte nicht reichen.
Viel Bitterkeit
In der Berliner Belegschaft herrsche angesichts dieser Schwebesituation eine „angespannte und nervöse Stimmung“, heißt es aus Betriebsratskreisen. Zwar begrüße man die Absicht der Investoren, dapd weiterhin als Vollagentur zu betreiben. Aber der erzwungene Abgang von rund 100 Kolleginnen und Kollegen lasse sich nicht ohne weiteres kompensieren. Diese Massenentlassung von Mitarbeitern, die teilweise mit 20 Berufsjahren und mehr „fast schon zum Inventar gehörten“, habe viele schockiert und für „sehr viel Bitterkeit“ gesorgt. An dieser „Zäsur“ werde man noch lange zu knabbern haben. Für Anfang Februar hat die neue Geschäftsleitung detailliertere Informationen über das geplante Konzept angekündigt. Die Belegschaft, so ein Betriebsrat, hoffe auf ein „solides wirtschaftliches Fundament, damit wir uns personell bald auch wieder verstärken können“.