Nordkurier: Vom Saulus zum Paulus?

„Roll-Back“ zur eigenen Mantelproduktion

Der Nordkurier (NK) streift seinen Mantel ab und will sich von Mitte 2013 an wieder komplett selbst einkleiden, sprich nach vier Jahren wieder zu seiner Vollredaktion zurückkehren. Das kündigte der Geschäftsführer der NK-Verlagsgruppe Lutz Schumacher zwei Monate nach Übernahme des Chefredakteurspostens an. Der 45-Jährige handelt damit gegen den derzeitigen verlegerischen Trend und unterstützt inhaltlich gewollt oder ungewollt die 2008 von DGB, ver.di und DJV in Mecklenburg-Vorpommern aufgelegte Kampagne für Qualität und Vielfalt auf dem Zeitungsmarkt.


Das mit der Schweriner Volkszeitung in Form der Redaktionsfirma mv:m betriebene Projekt einer gemeinsamen überregionalen Berichterstattung wird damit eingestellt. In der Mitteilung heißt es explizit „Rückbesinnung“, und es wird eingeräumt, dass eine Leserbefragung bei der Tageszeitung deutliche Schwächen in überregionalen Themen, bei der Landesberichterstattung und im Sport herausgefiltert habe. Künftig setze man daher wieder komplett auf eigene Akzente mit starken regionalen und lokalen Bezügen. Dazu soll die bisher 106-köpfige Redaktion auf bis zu 120 Stellen ergänzt werden. An den 14 Redaktionsvolontariaten soll aber nicht gerüttelt werden. Gern hätte die M-Redaktion den umtriebigen Medienmacher aus Neubrandenburg an dieser Stelle selbst zu Wort kommen lassen, doch an ihn gerichtete Fragen blieben unbeantwortet. So darf spekuliert werden, ob und warum aus dem Saulus nun ein Paulus geworden ist, denn spätestens seitdem Schumacher Anfang 2007 in Münster ein komplettes Lokalredaktionsteam auf die Straße gesetzt hatte und anschließend beim NK als Sanierungseiferer das Verlagsunternehmen in viele Kleinstbetriebe zerstückelt hat, lastet ihm der Ruf eines „Zumachers“ an. Abzuwarten ist der künftige journalistische Weg des NK, ob Schumacher beispielsweise so etwas wie eine Voll- oder eigene Mantelredaktion „light“ mit Discounterprofil a la „Geiz ist geil“ anstrebt oder ein Produkt, für das gilt, dass Qualität auch ihren Preis hat.
Der NK erscheint im östlichen Mecklenburg, in Vorpommern und im Norden Brandenburgs mit 13 Lokaltiteln und bei einer Auflage von zuletzt 85.500 Exemplaren. Zur Verlagsgruppe des NK gehören als Gesellschafter mit einem Anteil von je einem Drittel die Kieler Nachrichten, die Augsburger Allgemeine und die Schwäbische Zeitung.

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