Schweriner Volkszeitung schließt Druckerei in der Landeshauptstadt
Das bittere Ende einer Tradition: Ab Anfang des kommenden Jahres wird die Schweriner Volkszeitung (SVZ) nicht mehr in der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern gedruckt. Mit dieser Entscheidung hat der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (sh:z), der das Blatt 2005 übernommen hatte, eine weitere Runde des seit Jahren systematisch betriebenen Abbaus eingeläutet.
„Technik und Menschen wurden hier auf Verschleiß gefahren und danach einfach ausgemustert“, brachte es die Schweriner Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow (Linke) in einer Pressemitteilung auf den Punkt. Die Operation wurde offenbar von langer Hand vorbereitet: Anfang des Jahres übernahm der sh:z mit der Anzeigenblatt-Gruppe des Ratzeburger Unternehmers Klaus Flaschka auch dessen Druckerei im 35 Kilometer von der Landeshauptstadt entfernten Wittenburg. Während an den Schweriner Anlagen seit Jahren nur das Nötigste gemacht worden war, ist die „Prima Druck und Verlag GmbH & Co. KG“ mit einer modernen Maschine des Typs KBA Colora und der älteren 2010 überholten MAN Uniman auf dem aktuellen Stand der Technik ausgerüstet. Lediglich eine weitere Weiterverarbeitungslinie für das Einstecken von Beilagen muss noch montiert werden. Einige der bisher dort in Millionenauflage produzierten Anzeigenblätter wurden in das sh:z-Druckzentrum im holsteinischen Büdelsdorf verlagert. Damit wurde Kapazität geschaffen für die auf 98.000 Exemplare geschrumpfte Auflage der SVZ, die zudem als NNN in Rostock und als Prignitzer im nordwestlichen Brandenburg erscheint. Für Gramkow ist klar: Der Standort Schwerin wurde „regelrecht ausgeblutet“.
Die öffentliche Schelte zeigte Wirkung. Hatte sich die SVZ gegenüber der eigenen Leserschaft zunächst in Schweigen gehüllt, verkündete Geschäftsführer Andreas Gruczek nun in einem kurzen Beitrag „in eigener Sache“ die vermeintlich frohe Botschaft. Die Entscheidung für Wittenburg sei ein Bekenntnis zum Standort Mecklenburg-Vorpommern. Eine Modernisierung der Rotation in Schwerin hätte mindestens 10 bis 12 Millionen Euro gekostet und wäre wirtschaftlich nicht vertretbar gewesen. Mit der Verlagerung könne man „die wirtschaftliche Belastung der SVZ signifikant abmildern und den Bestand der Zeitung im heutigen Umfang absichern“.
Arbeitsplatzverluste
Bemerkt hätte das Publikum die Neuerung ohnehin durch den Formatwechsel, denn künftig soll die SVZ statt im „Rheinischen“ im kleineren „Berliner“ Format erscheinen. Damit holt sich der sh:z freilich ein neues Problem ins Haus, denn alle anderen Tageszeitungen der Gruppe (Flensburger Tageblatt, Holsteinischer Courier), denen eine immer enger werdende Zusammenarbeit verordnet wurde, erscheinen noch „rheinisch“. Wie schwierig das Handling sein kann, führte die Auflösung der gemeinsamen Mantelredaktion von SVZ und Nordkurier vor Augen. Deren Ende wurde unter anderem mit den Anpassungsschwierigkeiten nach der Formatumstellung in Neubrandenburg erklärt.
Was aus den 52 Mitarbeitern in Druckerei, Weiterverarbeitung und angeschlossenen Abteilungen wird, ist offen. Den meisten dürfte der Weg in die Arbeitslosigkeit bevorstehen, denn für die Konzernmutter aus Flensburg steht nur noch ein nach den Erfahrungen der Vergangenheit möglichst schmal dotierter Sozialplan zur Debatte. Einige Jobs im selbstverständlich tariffreien Betrieb in Wittenburg wurden den Betroffenen in Aussicht gestellt.
Ist dieser Akt des Dramas beendet, hat der sh:z einmal mehr seine Standardrolle als Radikalsanierer gespielt: Als er vor acht Jahren die SVZ von Burda übernahm, zählte der Verlag noch 340 Mitarbeiter. Dann folgten immer neue Abbauwellen, darunter die Verlagerung von Verwaltung und Anzeigenproduktion gen Westen. Nach Schließung der Druckerei werden es nur noch gut 130 Arbeitsplätze sein – die meisten in den Außenstandorten. In der Landeshauptstadt bleiben neben Mantel- und Lokalredaktion sowie der örtlichen Geschäftsstelle lediglich jeweils zehn Mitarbeiter im Anzeigenverkauf und Vertrieb sowie Geschäftsführung und Zusteller übrig. Eigentlich zu wenige, um das stolze Pressehaus am markanten Standort an der Einfallsstraße zum Stadtteil Großen Dreesch in Schwerin noch zu rechtfertigen. „Eine Heimatzeitung, die gewerbliche und journalistische Arbeitsplätze durch Produktionsverlagerung und Fremdsteuerung vernichtet bzw. gefährdet, muss sich nicht wundern, wenn ihr die Verankerung in der Region und bei den Leserinnen und Lesern Stück für Stück verloren geht“, resümiert Oberbürgermeisterin Gramkow.