Springer auf Einkaufskurs

Verdoppelung des Jahresgewinns

Entgegen dem Branchentrend hat die Axel Springer AG im zurückliegenden Jahr ein überraschend positives Ergebnis erzielt. „Axel Springer ist in der Offensive. Axel Springer ist inmitten einer andauernden Konjunktur- und Medienkrise kreativ, kraftvoll und in jeder Hinsicht kerngesund“, triumphierte Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner Ende Februar bei der Vorstellung der Konzernbilanz 2003.

Zu Selbstbewusstsein besteht einiger Anlass. Verdoppelung des Jahresgewinns trotz Umsatzrückgang – da dürfen auch die Aktionäre mit 1,20 Euro pro Aktie einen fast doppelt so großen Schluck aus der Pulle nehmen wie im Vorjahr. Springer ist im Gründungsrausch. Erst bekam die „Bild“-Familie mit „Audio Video Foto Bild“ ein neues erfolgreiches Mitglied. Und auch das in Polen lancierte „Bild“-Pendant „Fakt“ ist dort bereits Marktführer. Jetzt will Springer in der deutschen Provinz angreifen. „Wir würden sehr gern Regionalzeitungsketten bilden“, bekannte Döpfner. Mit dieser Absicht steht Europas größtes Zeitungshaus nicht allein. Dies sei „in der Tat eine Perspektive, die natürlich sehr viele Verlage, auch ausländische Investoren im Moment im Sinn haben“.

Glänzende Aussichten eröffnen sich durch die von der Bundesregierung geplante Lockerung der Pressefusionskontrolle. Springer begrüßt die Gesetzesinitiative, allerdings unter einer Voraussetzung, wie Döpfner klarstellte. Es dürfe „keine Form von Redaktionsbeiräten, von Redaktionsstatuten, keine Form von staatlicher Einflussnahme auf den Journalismus nach dem Vorbild öffentlich-rechtlicher Organe“ geben. Pressekonzentration zu unseren Gunsten ja, aber bitte schön nicht um den Preis einer erweiterten Mitbestimmung der Journalisten – auf diese Formel lässt sich die Politik Springers verkürzen. Bei einer Liberalisierung der Fusionskontrolle, so hatte Döpfner im vergangenen Herbst freimütig bekannt, wäre die Axel Springer AG „der größte Profiteur“. Sie könnte ungehindert ihre lang gehegten Expansionspläne auf den Regionalzeitungsmärkten umsetzen. Dass die Gesetzesänderung auch die von Springer bislang bekämpfte Fusion von Holtzbrinck und Berliner Verlag ermöglicht, wird mittlerweile achselzuckend in Kauf genommen. „Wenn diese Liberalisierung, die allen zugute kommt, dazu führt, dass hier in Berlin ein anderer Verlag weitergehende Fusionen umsetzen kann, dann ist das so“, sagte Döpfner, „das ist dann Teil der Spielregeln“. Wegen dieses „Einzelfalls“ werde man keine grundsätzlich andere Position zur Fusionskontrolle einnehmen. Ob die faktische Abschaffung des jahrzehntelang bewährten pressespezifischen Kartellrechts wirklich allen Verlagen zugute kommt, muss bezweifelt werden. Branchenkenner sagen eine gewaltige Konzentrationswelle und eine weitere Einschränkung publizistischer Vielfalt voraus. Springer dagegen hat allen Grund, mit der Bundesregierung zufrieden zu sein.

Zwischen den Stühlen

Auch die kürzlich erfolgten Attacken von Bundeskanzler Gerhard Schröder auf den Verlag, speziell auf die „Bild“-Zeitung, nimmt Döpfner gelassen hin. Von Kampagnenjournalismus gegen die Bundesregierung könne keine Rede sein. „Solange wir von der CDU, den Grünen, der FDP und der SPD in etwa gleich viele Beschwerden bekommen, glauben wir, dass wir da sitzen, wo Journalisten hingehören, zwischen den Stühlen“, so der Konzernchef.

Döpfner führte das gute Ergebnis auf die Fortsetzung eines konsequenten Sanierungskurses zurück. Das Restrukturierungsprogramm hat in den beiden vergangenen Jahren Einsparungen von insgesamt 211 Mio. Euro gebracht. Dies habe geleistet werden können, „ohne ins Muskelfleisch zu schneiden, ohne die journalistische Qualität zu gefährden“. Aus den Redaktionen von „Welt“ und „Berliner Morgenpost“ ist gelegentlich anderes zu hören. Schließlich wurde im gleichen Zeitraum die Zahl der Konzernmitarbeiter von 14.094 auf 11.463 verringert. Allerdings gab es dabei keine betriebsbedingten Kündigungen.

Bei der „Welt“ soll jetzt der Schweizer Blattmacher Roger Köppel („Weltwoche“) den Karren aus dem Dreck ziehen. Auch die „Mopo“ bekommt mit dem bisherigen Hamburg-Chef der „Welt“, Carsten Erdmann, einen neuen Chefredakteur. Der bisherige Doppel-Chef Jan-Erik Peters löst als Herausgeber beider Blätter den Ex-ZDF-Intendant Dieter Stolte ab.

Während die „Mopo“ sich einigermaßen stabilisiert hat, setzt sich die dramatische Auflagentalfahrt des hochdefizitären Flaggschiffs „Die Welt“ fort. Innerhalb von zwei Jahren verlor das Blatt rund 20 Prozent seiner Auflage und kratzt derzeit die 200.000er Grenze an. Dennoch, so beteuerte Döpfner, begleite der Verlag gerade diesen Titel „mit besonders viel Geduld und Sympathie“. Und rang sich zu einer erstaunlichen Existenzgarantie durch: „Wir glauben, dass wir noch in diesem Jahrhundert die Situation erreichen, dass er das Haus nichts mehr kostet“.

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