Streit um Lizenzen fürs Lokalradio

Symbolbild: 123rf/M

Die Sächsische Landesmedienanstalt (SLM) weist die Kritik an ihrer Entscheidung, dem bisher kommerziellen Privatradio WSW eine Lizenz als Nichtkommerzielles Lokalradio (NKL) zu erteilen, zurück. Es habe keine rechtlichen Gründe gegeben, „die das Versagen dieser beantragten Lizenzänderung begründet hätten“, teilte die Pressestelle des SLM-Medienrats am 17. 8. auf Anfrage von M online mit. Der Bundesverband Freier Radios (BFR) hatte dem Rat zuvor vorgeworfen, er verschiebe mit seinem Beschluss die „Grenzen des Mediensystems“.

Da dem Antragsteller Radio WSW „nunmehr keine Werbung in seinem Programm erlaubt“ sei, sei er bei der Entscheidung über Lokaljournalismusförderung „rechtlich als NKL zu betrachten“. Für die vom BFR befürchtete „Verringerung der medialen Vielfalt in Sachsen“ und die Gefahr einer Aufweichung der an „echte NKL“ gestellte Qualitätsansprüche sieht die SLM „keinerlei Anhaltspunkte“. Weder der Medienstaatsvertrag noch das Sächsische Privatfunkgesetz enthalte eine gesetzliche Definition von „nichtkommerziellem Rundfunk“. Auch gebe es keine gesetzlichen Vorgaben zur inhaltlichen Verfasstheit und zur Programmgestaltung nichtkommerzieller Rundfunkveranstalter. Somit verbleibe als Unterscheidungsmerkmal zwischen kommerzieller und nichtkommerzieller Rundfunkveranstaltung „lediglich der sich bereits aus dem Wortsinn ergebende Verzicht auf Werbung als Mittel der Finanzierung“.

Kritik an Rechtsauffassung

Der BFR dagegen hält es für schwer nachvollziehbar, „warum der Medienrat und damit die SLM ihre Rechtsauffassung und ihr Handeln im Jahre 2023 ausschließlich mit der Landesgesetzgebung begründet“. Demgegenüber verweist er auf die vom EU-Parlament bereits 2008 anerkannte besondere Unterstützungswürdigkeit von Nichtkommerziellen Programmanbietern. Diese würden definiert als „gemeinnützige, nichtkommerzielle Rundfunkmedien, die sich in Trägerschaft von Non-Profit-Organisationen befinden und einen freien Zugang für Bürgerinnen und Bürger ermöglichen“. Die SLM ignoriere offenbar diesen europaweit geltenden Standard.

Das künftig in den Genuss von Fördermitteln kommende Radio WSW werde von der gleichnamigen GmbH betrieben, die wiederum Teil der Sendergruppe Sachsen Fernsehen sei. Zu dieser Gruppe gehöre auch die Sachsen Media, die „Werbelösungen für alle Kanäle der Sachsen Fernsehen Gruppe (inklusive Radio) anbiete. „Diesen Player als Nichtkommerziellen Rundfunkanbieter zu lizenzieren ist nicht akzeptabel“, urteilt der geschäftsführende BFR-Vorstand Mark Westhusen. Offensichtlich habe die SLM den Lizenzantrag nicht ausreichend geprüft.

Was ist Nichtkommerzielles Lokalradio?

Mit der Festschreibung von Fördermitteln für Nichtkommerzielle Lokalradios habe der Gesetzgeber kaum auf eine Unterstützung abgezielt, „die sich ausschließlich auf Werbefreiheit eines Mediums begründet“. Folglich müsse die Lizenzentscheidung der SLM als eine „Umwidmung von Fördermitteln“ betrachtet werden. Diese Arbeitsweise der SLM zeige, so Westhusen, „dass es dringend eine genaue Definition des Begriffs Nichtkommerzielles Lokalradio durch den Gesetzgeber braucht, um derartige Eigenwilligkeiten zukünftig zu verhindern“.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Mehr Schutz für Journalisten in Gaza

Noch nie sind in einem internationalen Konflikt in so kurzer Zeit so viele Medienschaffende ums Leben gekommen wie im Gazastreifen. Reporter ohne Grenzen (RSF) beklagt Dutzende getötete Medienschaffende, die meisten starben durch israelisches Bombardement. Über die dortige Lage sprach M mit Christopher Resch, Pressereferent bei RSF und zuständig für die Palästinensischen Gebiete.
mehr »

KI-Film über düstere deutsche Zukunft

Das dreiminütiges Science-Fiction-Video „Oma, was war nochmal dieses Deutschland?“ hat ein enormes Medienecho ausgelöst. Darin zeigt der Produzent und Podcaster Andreas Loff eine Dystopie aus dem Jahr 2060: eine fiktive rechtsextreme Partei mit dem Namen „Die Blauen“ hat in Deutschland die Macht übernommen und das Land nach massenhaften Abschiebungen vollkommen ruiniert. Eine alte Frau, gesprochen von Anna Thalbach, erzählt ihrer Enkelin an einer fernen Küste, wie es einst mit ihrer deutschen Heimat abwärts ging. Wir sprachen mit dem Macher Andreas Loff über den Film und den Einsatz der KI.
mehr »

Über Rechtsextreme reden – aber wie?

Medien können eine schützende Rolle dabei spielen, rechtsextremen Tendenzen entgegenzuwirken und die Demokratie zu stärken. Handlungsempfehlungen dafür haben Pia Lamberty und Maheba Goedeke Tort im CeMAS-Policy-Brief „Über Rechtsextreme reden? Empfehlungen für die mediale Berichterstattung“ zusammengestellt. Das geschieht vor dem Hintergrund, dass sich auf der einen Seite rechtsextreme Parteien radikalisieren. Gleichzeitig finde eine gesellschaftliche Normalisierung rechtsextremer Positionen und Erzählungen statt. 
mehr »

Feminismus trifft Klassenkampf im Film

Das Internationale Frauenfilmfest (IFFF) wirft einen sehr außergewöhnlichen Blick auf die Arbeitswelt von Frauen im Film. Damit kommt es beim Publikum gut an und liegt voll im Trend. Denn es geht um Frauensolidarität, Antirassismus, Antisexismus und Klassenkampf. Bei der 41. Ausgabe des Festivals vom 16. bis 21. April in Köln gab es volle Kinosäle. Der Schwerpunkt der von Frauen produzierten Filme aus aller Welt lag in diesem Jahr auf dem Horrorgenre.
mehr »