Engagierte Belegschaft arbeitete bis zuletzt
Am 11. April gingen bei der Nachrichtenagentur dapd endgültig die Lichter aus. Mit dem Rückzug des letzten potentiellen Investors RIA Novosti war nach monatelangen Sanierungsbemühungen das Schicksal von dapd besiegelt. Es ist bezeichnend, dass die finalen Hoffnungen sich ausgerechnet auf eine staatlich finanzierte russische, also faktisch von Putin abhängige Agentur gerichtet hatten.
Das Ende von dapd kam alles andere als überraschend. Von dem Schock, den der erste Konkurs vor einem halben Jahr ausgelöst hatte, konnte sich die Agentur nie mehr erholen. Damals scheiterte die unseriöse Expansionspolitik, mit der die beiden Finanzinvestoren Peter Löw und Martin Vorderwülbecke den Markt aufmischen wollten. Angetrieben von Geltungstrieb und einer gehörigen Portion Hybris maßten diese verantwortungslosen Hasardeure sich an, die dpa „verzichtbar“ machen zu wollen. Mit aufgeblähtem Personal und einer aggressiven Preispolitik, innerbetrieblich gestützt auf weitgehend tariflose Zustände, schickte man sich an, dem Marktführer dpa die Kunden abzujagen. Eine Zeitlang funktionierte diese Dumpingstrategie. Spätestens im Herbst 2012 wurde klar, dass das Ziel einer wirtschaftlich tragfähigen Vollagentur auf Sand gebaut war. Die Finanzinvestoren, die sich so gern in der hauptstädtischen Gesellschaft der Reichen, Schönen und vor allem Mächtigen sonnten, hatten sich schlicht verzockt. Zuletzt, so klagten sie, hatten sie monatlich eine Million Euro zuschießen müssen, um den Laden am Laufen zu halten.
Vor diesem Hintergrund erschien das Geschäftsmodell des überraschend aufgetauchten neuen Investors Ulrich Ende von Beginn an unrealistisch. Eine Nachrichten-Beteiligungs-GmbH mit Sitz in Tutzing, zwei so genannte „strategische“ Investoren, von denen in der Branche noch nie jemand etwas gehört hatte – das ließ auch bei der längst von 300 auf 175 Beschäftigte geschrumpften Belegschaft keine echte Aufbruchstimmung aufkommen. Erst recht galt dies für die Geschäftspartner der dapd. In immer schnellerer Folge wechselten sie – wie etwa die Essener WAZ-Gruppe – zurück zur dpa. Ob Süddeutsche Zeitung, FAZ oder die Regionalblätter von DuMont – nach und nach zeigten immer mehr Kunden der Agentur die kalte Schulter. Härtester Schlag war die Aufkündigung der Zusammenarbeit von Seiten der US-Agentur Associated Press (AP). Eine Kooperation, die vor allem wegen des internationalen Bilderdienstes von AP als zentrales Argument für die Stabilisierung alter und die Gewinnung neuer Kunden galt. Damit war das Aus für die Agentur faktisch besiegelt. Der Rest war Agonie und Hinhaltetaktik. Bis zum zweiten Konkurs, gerade mal sechs Wochen nach dem Neuanfang. „Ich denke Tag und Nacht an die Belegschaft“, soll Investor Ende erst kürzlich vor seiner konsternierten Redaktion gemenschelt haben. Zuletzt ließ er sich nicht mehr blicken – bei einer Belegschaft, die zu diesem Zeitpunkt bereits dezimiert war, aber bis zuletzt engagiert ihren täglichen Dienst verrichtete. Dem Vernehmen nach sollen weder die aus dem Boden gestampften Klecker-Investoren noch Ende selbst die vertraglich zugesagten Zahlungen geleistet haben.
Das Aus für dapd sei „unnötig und Folge verantwortungslosen betriebswirtschaftlichen Handelns“, urteilt Cornelia Haß, Geschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di. Angesichts der skandalösen Abwicklung der Agentur eine fast zu höfliche Formulierung. Es waren unfähige Finanzspekulanten, Dilettanten und Kurpfuscher, die der traditionsreichen Agentur den Garaus bereiteten. Auf der Strecke bleibt erneut ein Stück Medienvielfalt.