Meinung
„Eine schwangere Frau wurde im Krankenhaus zwangsgeimpft, ihr Neugeborenes gleich mit. Gegen ihren Willen. Alternative: Sie verlässt das Krankenhaus in ihrer Notsituation.“ Wenn ein guter Bekannter so etwas aus seinem Umfeld erzählt (er ist immerhin studierter Philosoph und Buchautor, bisher stets nachdenklich und abwägend), dann tut man das nicht gleich als Hirngespinst ab – auch wenn der Mittfünfziger inzwischen in der „Querdenker“-Partei „Die Basis“ gelandet ist und die Beschränkungen für Ungeimpfte als „Apartheid“ empfindet.
Eigentlich hält er nichts mehr von etablierten Medien, sondern vertraut nur noch auf eigene Wahrnehmungen. Aber freundlicherweise vermittelt er den Kontakt zu seiner angeblich zwangsgeimpften Bekannten.
Also Nachfrage bei der jungen Mutter: Wurde sie wirklich zwangsgeimpft, als sie wegen Schwangerschaftsproblemen in ein Bremer Krankenhaus musste? Die Antwort war kaum anders zu erwarten: „Das ist so nicht richtig.“ Sie sei während ihrer 23 Tage im Krankenhaus zwar täglich getestet worden, und nach der Geburt sogar ihr Baby. Unnötig und übergriffig sei das gewesen – aber keine Zwangsimpfung.
Was der Stille-Post-Meister dazu sagt? Er habe seine Bekannte schlicht falsch verstanden. Vielleicht, weil er sie unbewusst so verstehen wollte? Auf jeden Fall ein Lehrstück über die Geburt von Fake News. Und über die Frage, welche Vorgehensweise wohl stärker der Wahrheitsfindung dient: persönliches Erzählen und Weitererzählen – oder professionelles Recherchieren?
Mal sehen, was als nächstes Gerücht auftaucht. Vielleicht, dass sich Pflegekräfte vor dem Betreten von Intensivstationen sterilisieren lassen müssen?