Briefe an «M» 6-7/2008

Reißerische Berichte

„Auf den Leim gegangen“ in M 05.2008
Offensichtlich hat die Autorin in dem Beitrag über Polylux etwas verwechselt, wenn Sie meint, die Spaßguerilla würde eine neue „Medienkriminalität“ entwickeln. Ich würde eher solche reißerisch aufgemachten Berichte, wie sie auch bei Polylux laufen, als kriminell empfinden. Genau das hat das „Kommando Tito von Hardenberg“ aufs Korn genommen. Genauso wie die prekären Arbeitsbedingungen, mit denen die Produktionsfirma Kobalt TV viel Geld verdient. Nachzulesen auf berlin-off.de. Seltsam, dass ein so reißerischer Bericht wie dieser den Eingang in ein Gewerkschaftsmagazin gefunden hat. Jedenfalls wünsche ich mir viele weitere Kunstaktionen in politischen und gesellschaftlichen Räumen, so wie das „Kommando Tito von Hardenberg“ oder die Aktion „Der Deutschen Wirtschaft“ von „GeldoderLeben“. Immerhin, war ja gleich nebenan zu lesen: Kapitalist- (ist) ein Schimpfwort.

Malah Helman, www.berlin-off.de

Geschieht ihnen recht

„Auf den Leim gegangen“ in M 05.2008
Ich kann die Aufregung der Autorin über die gelungene Verarschung von Polylux nicht teilen und verstehe die angestrebte Kriminalisierung des „Kommandos Tito von Hardenberg“ überhaupt nicht. Hier hat doch ganz offensichtlich und erkennbar jede elementare journalistische Sorgfalt im Umgang mit dieser Geschichte gefehlt: ein kurzer Anruf bei einem entsprechend sachkundigen Ärztegremium hätte die Seifenblase gleich platzen lassen.
Nein: das geschieht diesen selbstverliebten, egomanischen Selbstdarstellern in Funk und Fernsehen, die bald nur noch von derartigen „klischierten und inszenierten Storys“ leben können; ganz recht, wenn sie so vorgeführt werden. Diese Programme, die leider immer mehr im Kommen sind, widern mich an, weil sie mit Journalismus nichts mehr zu tun haben.

Henning Knudsen, per Mail 

Leicht auszurechnen

„Auf den Leim gegangen“ in M 05.2008
Nicht selten werden Redakteure mit irgendeiner angeblichen Story hereingelegt, das passiert. Mir ist allerdings als erstes aufgefallen, was der angebliche Speed-Konsument so am Tag nach seinen eigenen Angaben an Geld braucht: 4 bis 6 Lines am Tag, das sind (eine Line kostet, so auch im Beitrag berichtet!) 15 Euro, das sind schon einmal 60 bis 90 Euro pro Tag, also 1.860 bis 2.790 Euro im Monat. Dazu raucht er nach eigenen Angaben eine Zigarette nach der anderen und zusätzlich bis zu 15 Joints am Tag – all das hätte eine Redaktion wie Polylux doch auf den ersten Blick nachrechnen können. Es wundert mich, dass niemand draufkam, den jungen Mann einmal zu fragen, mit welcher hochdotierten Tätigkeit er das denn alles so finanziert.

Gabriele Schreib M.A., Pressebüro Strande bei Kiel 

Beim zweiten Hinsehen Unsinn

 „Eine Lobby fürs gedruckte Wort“ in M 05.2008
„Anlass zur Besorgnis“, wird Staatssekretär Bernd Neumann in Ihrem Artikel zitiert, gebe das stetig nachlassende Interesse Jugendlicher an gedruckter Presse. Dass er im Konzert mit den Verlegern nun eine „Nationale Initiative Printmedien“ gründet, scheint da nur folgerichtig – auf den ersten Blick. Beim zweiten Hinsehen ist das Unsinn, … Warum wird mit keinem Wort darauf eingegangen, dass die Jugendlichen längst dort sind, wo das Wort auf sie wartet? Das Internet hat viel mehr junge Leute an komplexe Themen herangeführt, als Zeitungen verloren haben. … Genießt dieses Medium keinen Schutz, nur weil es nach einem Geschäftsmodell arbeitet, das die meisten Verlage noch nicht verstanden haben? Die Versuche, junge Leser mit Extraseiten an für sie ansonsten reichlich unattraktive Blätter zu binden, dürften so wirksam sein wie eine Seniorenbeilage in der „Bravo“. Steckten vor allem die Lokal- und Regionalverlage nur die Hälfte dieser Energie in eine offene und ernsthafte Beteiligung an einem neuen Medienkonstrukt, bräuchte es keine pompöse National-Initiative, die zu der Staatsferne der Presse übrigens nicht recht passen mag.

Boris Hellmers, Bremen 
nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die unangemessene Provokation

Sie haben es wieder getan. Zum zweiten Mal nach 2020 verweigern die Ministerpräsidenten den öffentlich-rechtlichen Anstalten die von der KEF empfohlene Anpassung des Rundfunkbeitrags. Gegen diesen abermaligen Verfassungsbruch ziehen ARD und ZDF erneut vor das Bundesverfassungsgericht. Gut so! Denn nach Lage der Dinge dürfte auch dieses Verfahren mit einer Klatsche für die Medienpolitik enden.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »