Rechtsruck als Geschäftsmodell? 

Lars Hansen, Redakteur in der Funke Mediengruppe und Co-Vorsitzender der dju in ver.di Foto: Stephanie von Becker

Meinung

Der erste medienpolitische Aufreger zur Jahreswende war Elon Musks „Gastkommentar“, samt AfD-Wahlempfehlung in der Welt am Sonntag. Geschickt eingefädelt: Eine Zeitung, die alle sieben Tage gerade noch mal 0,5 Prozent der Bevölkerung erreicht, war mal wieder in aller Munde. Gefreut haben dürfte das nicht nur den Verlag, sondern auch die AfD, hat dieser der extrem rechten Partei doch eine weitere Brücke ins bürgerlich-konservative Lager gebaut.

Große Teile der „Welt“-Redaktion waren gegen die Veröffentlichung des Musk-Beitrags, hört man aus dem Hause Springer. Insider kolportieren, Verlagschef Mathias Döpfner habe den Musk-Beitrag persönlich durchgedrückt. Dass sich hier offenbar zwei Milliardäre, nämlich Döpfner und Musk, zusammentun, um die deutsche Politik zu ihrem persönlichen Nutzen nach rechts zu rücken, ist eine fatale Parallele zum Ende der Weimarer Republik, als der Medienmogul Hugenberg unterstützt von deutschen Industriellen die NSDAP an die Macht schrieb.

Es ist aber auch mehr als das. Weil sich mit rechter Hetze Aufregung generieren lässt und mit Aufregung Auflage und Aufrufe von Zeitungen und ihren Websites,  ist die Versuchung bei allen Medien groß, dem nachzugeben und die Brandmauern bröckeln zu lassen oder gar aktiv einzureißen. Da muss man nicht in die USA gucken, wo  der Facebook-Konzern Meta gerade seine Faktenprüfung abschafft, um mehr rechten Traffic zu ermöglichen. Die einst grundsolide „Schwäbische Zeitung“ hofiert plötzlich die örtliche AfD und auch bei vielen anderen Regionalzeitungen im digitalen Umbruch goutieren die SEO-Fürsten gerne zumindest Schlagzeilen, die rechten Vorurteilen Vorschub leisten, auch wenn der Artikel selbst solide ist. Gelesen und geklickt wird die Zeile.

Ähnlich, wie die Kolleg*innen bei der „Welt“, sind auch die Redakteur*innen anderer Medien nicht glücklich über die Entwicklung. Was es braucht, sind starke Redaktionsstatute und Kolleg*innen, die sich mit Hilfe der Gewerkschaft dafür einsetzen. Und was es ebenfalls braucht, sind Finanzierungsmodelle für guten Journalismus, die nicht allein auf Verkaufserlöse angewiesen sind. Dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk den Rechten weltweit ein Dorn im Auge ist, kommt nicht von ungefähr. Nötig ist es deshalb auch, den von gemeinnützigen Stiftungen und Genossenschaften getragenen Journalismus zu fördern und anzuerkennen.

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