Leserbrief: Tohuwabohu in der Glosse

„Bunte Duden“ in M 05/2007

Was wollte die Autorin mit ihrer, sicherlich kritisch und witzig gemeinten, Glosse eigentlich sagen? Dass es nicht nur den „gelben“, „sondern auch viele andere bunte Duden“ gebe? Dass man den „grünen“ dringend brauche? Dass man auf Auskunft vom Dudenverlag warte? Dass man den gelben Duden-Empfehlungen zu folgen hätte?

Wie dem auch sei – ins Auge fallend jedenfalls (aber die Glosse ging ja völlig ins Auge) war das Tohuwabohu in diesem Text. Kaum jemals, und in M schon gar nicht, ist mir eine Glosse vorgekommen, die so viele Ungenauigkeiten, Widersprüche und Halbwahrheiten in sich vereinigt.
Sehen wir uns die wichtigsten Punkte an: (Aus Platzgründen können nur zwei abgedruckt werden! Red.) 1. Als Rechtschreibbuch wird nur der „Duden“ herausgegriffen. Der erste Irrtum, ein Kardinalfehler, denn seit 1996 ist die Duden-Ära beendet; alle Wörterbücher, die sich am amtlichen Regelwerk orientieren, sind gleichberechtigt (vorausgesetzt, man will sich nach der Rechtschreibreform richten, was man ja nicht muss). Als gültiges Parallelwerk ist vor allem der „Wahrig“ zu nennen, das Rechtschreibwerk aus dem Bertelsmann Lexikon Verlag. Auch die Wahrigredaktion ist, wie die Dudenredaktion und das „Österreichische Wörterbuch“, das es ja auch gibt, im Rat für deutsche Rechtschreibung (dem offiziellen Gremium) vertreten.
2. Man könne sich „endlich an einheitlichen Richtlinien orientieren“, den „gelben Markierungen“ des Dudens. Dies ist doppelt falsch: Zum einen sind es ja gerade keine einheitlichen Richtlinien, denn hier wird aus den aktuell geltenden Varianten nur eine herausgegriffen und Einheitlichkeit nur suggeriert, zum anderen handelt es sich nur um Empfehlungen einer Wörterbuchredaktion, eben der einen aus Mannheim. Die nicht gelb unterlegte Variante ist doch so gültig wie die andere. Denn auch Wahrig bietet Empfehlungen an (Weiteres hierzu unten)! …

 
nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Mit mehr Sorgfalt über Gewalttaten berichten

Hanau, Halle, Solingen, Mannheim, Magdeburg, Aschaffenburg, München – die Angst vieler Menschen in Deutschland vor Anschlägen wächst, angefeuert durch Hetze in „social media“, aber auch durch Politiker*innen, die diese Gewalttaten – gerade im aktuellen Wahlkampf – instrumentalisieren. Dem sollten demokratische und verantwortungsbewusste Journalist*innen mit Haltung entgegentreten.
mehr »

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Die Entstehung des ÖRR in Deutschland

Im Jahr 1945 strahlten die deutschen Radiosender Programme der Militärregierungen aus. Zum Beispiel Norddeutschland. Dort hatte der nationalsozialistische Reichssender Hamburg am 3. Mai seine Tätigkeit eingestellt. Nur wenige Stunden später besetzten britische Soldaten das Funkhaus und schon am 4. Mai erklang eine neue Ansage: „This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government.”
mehr »

KI sitzt am Redaktionstisch

Erst vor wenigen Jahren hat ein Großteil der Menschen überhaupt erfahren, was Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis bedeutet. Genauer gesagt: Viele Menschen haben mit ChatGPT einen ersten Eindruck davon bekommen, wie Maschinen Texte formulieren, Prüfungsaufgaben in Sekundenbruchteilen lösen oder umfangreiche Artikel in wenigen Sekunden auf wesentliche Inhalte zusammenfassen. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zieht die generative KI seitdem ein.
mehr »