Freie Berichterstattung unerwünscht

Die AfD auf allen Kanälen? Ja, aber weniger professionell als gedacht. Foto: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Nach den Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv über ein rechtsextremes Treffen unter Beteiligung der AfD werden die investigativen Journalist*innen von Parteimitgliedern angefeindet und diffamiert. Bei dem Treffen soll auch über eine Musterklage gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesprochen worden sein. Das Verhältnis der AfD zum Journalismus und zur Pressefreiheit ist seit Jahren angespannt.

Kurz nach Bekanntwerden der zu Jahresbeginn veröffentlichten Rechercheergebnisse von Correctiv diffamierte die Parteichefin der AfD, Alice Weidel, die Journalist*innen auf einer Pressekonferenz als „linkes Aktivisten-Netzwerk“. Damit versucht sie die Recherchen zu delegitimieren, durch die bekannt wurde, dass unter anderem Politiker*innen der AfD an einem Treffen mit Rechtsextremisten in Potsdam teilgenommen haben.

In der Recherche des Medienhauses sieht die Partei eine Hetzkampagne und stilisiert sich als Opfer der Medien. Der Fraktionsvorsitzende der AfD Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, der ebenfalls an dem Treffen teilgenommen haben soll, sprach in einem Beitrag auf Tik Tok von der „größten Desinformationskampagne, die das Land je gesehen“ habe.

„Die vielfältigen Versuche diese journalistische Recherche zu denunzieren, sind nicht nur ein Angriff gegen die Reporter und Rechercheure von Correctiv, sondern gegen uns alle. Wir wissen, wohin es führt, wenn Parteien den Nährboden für Radikale und Extremisten bereiten”, warnte Martin Kaul, Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen.

Ebenfalls in den sozialen Medien schaffen Mitglieder der AfD ein Klima der Gewalt gegen Medienschaffende. Die Partei rief dazu auf, Correctiv-Mitarbeitende „in ihre Schranken“ zu weisen. Eine Formulierung, die als szenetypischer Aufruf zur Gewalt zu verstehen sei. Christoph Schmitz, für Medien zuständiges Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes, kritisierte: „Das verlässt jeden akzeptablen Weg des Umgangs einer politischen Partei mit für sie unliebsamer Medienberichterstattung.“

Ausschluss von Veranstaltungen und tätliche Angriffe

Der Umgang der AfD mit Medienvertreter*innen ist seit Jahren von Feindseligkeit und Aggression geprägt. Beispiele finden sich dafür viele. Damit das ARD-Kontraste Team in der vergangenen Woche an einem öffentlichen Bürgerdialog der AfD in Dessau teilnehmen konnte, musste es zunächst klagen. Eine Drehgenehmigung verweigerte die Partei den Journalist*innen mit der Begründung, dass nur „seriöse Journalisten“ Zutritt hätten. In einem Eilverfahren entschied das Landgericht Magdeburg, unter Berufung auf die Pressefreiheit, dass die Pressevertreter*innen nicht von der Veranstaltung ausgeschlossen werden dürften. Vor Ort wurde das Fernseh-Team dann aber in einen kleinen Bereich am Rande des Saals verwiesen und von der Bühne aus beleidigt, wie Redaktionsleiter Georg Heil dem Deutschlandfunk berichtete. Kein Einzelfall. Auch auf Parteitagen versucht die AfD, Pressevertreter*innen regelmäßig auszuschließen.

Im sächsischen Löbau reduzierte die Partei beim Landesparteitag 2022 aus vermeintlichem Platzmangel die Anzahl der Berichterstattenden. Dabei wurde insbesondere einem Reporter der Freien Presse die Akkreditierung vorenthalten. Auf Nachhaken der Landespressekonferenz Sachsen begründete die Partei, dass der Journalist als Person abgelehnt worden sei.

Doch nicht nur ihren Ausschluss, sondern auch Einschüchterungen und tätliche Angriffe müssen Berichterstattende am Rande von Veranstaltungen der AfD befürchten. Im vergangenen November wurde ein Lokalreporter der Ostthüringischen Zeitung nach einem Bürgerdialog mit der AfD tätlich angegriffen. Die Reifen seines Autos wurden zudem mit Schrauben zerstört.

Pressefeindliche Rhetorik: Der Ton ist scharf

Medienvertreter*innen werden jedoch nicht nur persönlich angegriffen. Auch der öffentlich-Rechtliche Rundfunk und die unabhängigen Medien an sich werden seitens der AfD immer wieder in Reden, Beiträgen auf Kundgebungen und Interviews verächtlich gemacht. Das Umfeld der Partei äußert sich ähnlich. Das frühere Vorstandsmitglied des Vereins Deutsche Sprache, Silke Schröder, wetterte nach Veröffentlichung der Correctiv-Recherche auf X gegen den „deutschen Mainstreamjournalismus“ und forderte die „Remigration von sog. Journalisten an Ausbildungsstätten, die ihnen ideologiebefreit die Grundlagen ihres Handwerks beibringen“.

In der vergangenen Woche protestierten rund 500 Menschen vor dem Landesfunkhaus des Mitteldeutschen Rundfunks in Erfurt gegen die Politik der Ampel und vermeintlich lügenhafte Berichterstattung. Es gab „Lügenpresse“-Rufe in Richtung des Funkhauses. Die Süddeutsche Zeitung berichtete von Plakaten mit Aufschriften „Danke ARD, ZDF, MDR, für eure Propaganda!“, oder „Medienhetze vom Redakteur bis Sprecher – alles Verbrecher“.

Rundfunkstaatsverträge in Gefahr

Die Kritik der AfD richtet sich immer wieder gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Laut einem Konzept der Partei aus dem Jahr 2017 sollen ARD und ZDF aufgelöst und privatisiert werden. Alice Weidel sagte 2018 der NZZ, Ziel der AfD sei es, „dass die Deutschen irgendwann AfD und nicht ARD schauen.“ Im aktuellen Grundsatzprogramm der Partei heißt es zum Thema Medien, dass sie „zeitgemäß“ sein sollen. Der Rundfunkbeitrag solle abgeschafft und das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu einem freiwilligen Bezahlsystem reformiert werden.

Mit einem simplen „Ja, das macht der Höcke“ beantwortete auch der thüringische AfD-Parteichef, Björn Höcke, in einer Parteitagsrede vom vergangenen November im thüringischen Piffelberg seine selbst gestellte Frage, ob er den Rundfunkstaatsvertrag als Ministerpräsident aufkündigen würde. Ein durchaus mögliches Szenario. Denn Medienrecht ist Ländersache. Der Bund hat keine Kompetenz, Mediengesetze zu erlassen oder eine eigene Rundfunkanstalt zu betreiben. Gelänge es der AfD also in diesem Jahr, Ministerpräsidenten in Brandenburg, Thüringen oder Sachsen zu stellen, wäre der Ausstieg aus den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten „voraussichtlich bereits perfekt“, befürchten Lennard Laude und Tobias Mast vom Verfassungsblog. Denn nach den Verfassungen der drei Länder könne die Ministerpräsident*in im Alleingang Rundfunkstaatsverträge aufkündigen, ohne dass hierüber eine Diskussion oder Abstimmung im Landtag stattgefunden habe.

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