Content-Moderator bekommt Recht

Foto: 123rf

In einem 1800-köpfigen Team hält der Content-Moderator Cengiz Haksöz die Social-Media-Seiten von Nutzer*innen sauber. Im vergangenen Sommer prangerte er die Arbeitsbedingungen an, sprach sogar vor dem Digitalausschuss des Bundestags darüber – und wurde, während er Wahlvorstandsvorsitzender für eine erstmalige Betriebsratswahl in seinem Unternehmen war, mit der fristlosen Kündigung bedroht. Mit Unterstützung der Gewerkschaft ver.di klagte er dagegen und gewann nun vor dem Arbeitsgericht in Düsseldorf.

Nachdem Cengiz Haksöz im vergangenen Juni die Arbeitsbedingungen bei seinem Arbeitgeber Telus Interational in Essen öffentlich gemacht hatte, wurde ihm der Zugang zu den Betriebsräumen verweigert und sogar eine Kündigung angedroht. Er habe das Vertrauensverhältnis gestört, behauptete Telus.

Was macht ein Content-Moderator?

Contentmoderator*innen durchforsten Social-Media Plattformen nach problematischen Inhalten. Die Beschäftigten müssen dabei unter anderem illegale und jugendgefährdende Inhalte prüfen, kulturell anstößige sowie extreme Gewaltdarstellungen löschen.

Besonders brisant war die Repression, weil sich die Belegschaft gerade in den Vorbereitungen zur Wahl des Betriebsrats befand, für die auch Haksöz kandidierte und dessen Mitglied er mittlerweile ist. Den Zugang zum Betrieb musste der Arbeitgeber rasch wieder gewähren. Am vergangenen Dienstag entschied dann das Arbeitsgericht in Düsseldorf, dass auch für eine fristlose Kündigung keine ausreichenden Gründe vorliegen.

Kritik war konstruktiv

„Unser Kollege hat konstruktive Kritik an den beanstandeswerten Arbeitsbedingungen bei seinem Arbeitgeber geäußert. Dagegen ist nichts einzuwenden,“ gibt Matthias von Fintel Leiter der Fachgruppe Medien, Journalismus und Film bei ver.di nach der Verhandlung an. „So sieht es offenbar auch das Gericht, das in Haksöz‘ Äußerungen keine Gründe für eine außerordentliche Kündigung erkennen kann. Der Arbeitgeber habe die Äußerungen im Digitalausschuss des Bundestages auszuhalten, die kein Vertrauensbruch seien.“ Außerdem stellte das Gericht klar, dass bei der von Telus beabsichtigten Kündigung auch der gewählte Betriebsrat selbst hätte ordnungsgemäß angehört werden müssen. Ein Formfehler, der auf das Konto der Telus GmbH geht.

„Wir freuen uns über den Erfolg für den Betriebsrat bei Telus und Cengiz selbst. Eine Kündigung während einer Betriebsratswahl ist nach unserer Erfahrung meist Union Busting und in der Sache unbegründet, das hat auch das aktuelle Gerichtsverfahren gezeigt“, so das Fazit von Fintels.

 

 

 

 

Weitere aktuelle Beiträge

Für ein digitales Ökosystem

Markus Beckedahl, Journalist und Gründer des Online-Portals www.netzpolitik.org, erkennt  im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Ort, wo alternative digitale Infrastrukturen gut entwickelt werden können.
mehr »

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

KI macht Druck auf Suchmaschinen

Die Künstliche Intelligenz frisst den Traffic: Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) meldet massive Einbrüche bei der Suchmaschinen-Nutzung aufgrund von Chatbots bei Google oder ChatGBT. Weil viele Nutzer*innen sich mit den Zusammenfassungen von KI zufrieden geben, klicken sie nicht mehr weiter zu den Websites, von denen die Informationen bezogen werden.
mehr »

Neue Europäische Medienplattform

Es ist ein sehr anspruchsvolles Projekt, das der deutsche Kultur- und Medienstaatsminister Wolfram Weimer und seine französische Amtskollegin Rachida Dati auf den Weg bringen: die Entwicklung einer europäischen Medienplattform. Im Zentrum soll dabei das Internet-Angebot des deutsch-französischen Kulturkanals Arte stehen, dass zu einer solchen Medienplattform mit bis zu 24 Sprachen ausgebaut werden soll.
mehr »