Hohe Hürden für Beschlagnahme der Kamera

Foto: fotolia

Strafverfolgungsbehörden müssen für die fortdauernde Beschlagnahme der Kamera eines Foto-Journalisten wegen einer vermeintlichen Straftat bei einer Demonstration handfeste Gründe haben. In jedem Fall müsse solch eine Maßnahme mit der im Grundgesetz geschützten Pressefreiheit abgewogen werden und verhältnismäßig sein, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 1 BvR 1949/20).

Geklagt hatte ein nebenberuflicher Fotojournalist, der über eine am 2. Juni angemeldete Versammlung von Umweltaktivisten in Wolfsburg berichtet hatte. Als die Polizei feststellte, dass die Versammlungsteilnehmer nicht den wegen der Corona-Pandemie vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,50 Meter einhielten, umstellten die Beamten mehrere Personen zur Identitätsfeststellung. Von außen hatte der Fotojournalist dies dokumentiert.

Die Polizisten wollten auch dessen Identität feststellen und meinten, dass der Journalist sie bei Gesprächen mit einzelnen Teilnehmern gefilmt hatte. Sie beschlagnahmten daher die Kamera mitsamt Ausrüstung. Der Journalist habe mit den Aufnahmen nichtöffentlicher Gespräche „die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes“ verletzt. Das sei strafbar. Die Kamera sei hierfür ein Beweismittel.

Gerichtlich verlangte der Journalist die Herausgabe der Kamera. Er könne sonst nicht mehr seiner journalistischen Tätigkeit nachgehen. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Braunschweig lehnten dies ab. Auch Medienvertreter müssten den Schutzbereich des vertraulich gesprochenen Wortes beachten. Sie besäßen keinen Sonderstatus.

Dem dagegen gerichteten Antrag auf einstweilige Anordnung, die Kamera wieder herauszugeben, gab das Bundesverfassungsgericht nun statt. Bei Durchsuchungen und Beschlagnahmen bei Pressevertretern müsse immer die Pressefreiheit in den Blick genommen und mit dem Strafverfolgungsinteresse abgewogen werden. In diesem Fall werde dem Fotojournalisten mit der fortdauernden Beschlagnahme seiner Kamera faktisch die weitere Ausübung seiner Tätigkeit verwehrt.

Das Landgericht habe nicht ausreichend begründet, warum die Kamera weiter einbehalten werden muss. Als Beweismittel für eine mögliche Straftat reiche es aus, dass nur die Speicherkarte der Kamera einbehalten wird. Deren Daten könnten dem Journalisten zudem als Kopie übermittelt werden.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

SWR lehnt Vergleich mit Regisseur ab

Vor dem Arbeitsgericht Stuttgart fand gestern der Gütetermin im Kündigungsschutzverfahren des Regisseurs Joachim Lang gegen den SWR statt. Der Sender hatte ihm am 11. Juli betriebsbedingt gekündigt. Begründet wurde die Änderungskündigung mit dem Sparkurs des Senders, der „angeblich“ keine weiteren Spielfilme vorsieht. Dies, obwohl der SWR laut Staatsvertrag verpflichtet ist, Spielfilme herzustellen. Zum gestrigen Termin vor dem Gericht hat der Sender keine Kompromisse angeboten. Damit kommt es nun zum Kammertermin mit einem Urteil.
mehr »

Neues Urteil gegen Kieler Nachrichten

Schlappe für den Verlag der Kieler Nachrichten: Das Landgericht Flensburg hat untersagt, dass der Verlag in Verträgen mit hauptberuflich freien Journalist*innen unzulässige Klauseln vereinbart. Erneut geklagt hatten der Deutsche Journalisten-Verband und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di. Zukünftig darf die Kieler Zeitung Verlags- und Druckerei KG-GmbH & Co. die Klauseln nicht mehr nutzen, da sie unklar und unverständlich sind und die freien Mitarbeiter unangemessen benachteiligen.
mehr »

Niederlage für Google und Apple

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zwei weitreichende Urteile gegen Tech-Riesen gefällt. Die Richter*innen bestätigten eine Geldbuße gegen Google von 2,4 Milliarden Euro. Zudem muss Apple 13 Milliarden Euro Steuern nachzahlen.
mehr »

Gericht: Heimliches Abhören war rechtens

Im Streit um das abgehörte Pressetelefon der Letzten Generation hat das Landgericht München 1 die von zwei Journalisten eingereichten Beschwerden zurückgewiesen. Beide wollen nun weitere Schritte prüfen. Sie werden durch Reporter ohne Grenzen (RSF) und die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt, erklärten beide Organisationen.
mehr »