Ungeklärt

Journalisten aller Couleur haben zu spüren bekommen: Unternehmen können allerlei Repressalien ausüben, um unliebsame Berichterstattung zu unterbinden. Pressevertreter, die über Demonstrationen von Flughafenausbau-Gegnern und die Räumung des Camps der Umweltaktivisten im Kelsterbacher Wald berichten wollten, erfuhren: Pressefreiheit muss auch hierzulande mitunter hart erkämpft werden.

Der Flughafenbetreiber Fraport hatte sich zum Ziel gesetzt, den Bau der Nordwestlandebahn am Airport in Frankfurt am Main temporeich zu realisieren und rodete rigoros den Kelsterbacher Wald. Vom Unternehmen beauftragte Security-Mitarbeiter – mitunter in Zusammenarbeit mit der Polizei – übten Schikanen gegen Journalisten aus, um sie an der Berichterstattung zu hindern. Betroffen waren Tageszeitungen, Presseagenturen, Fernsehsender von RTL bis Arte.
Ständig hatte es im Wald Auseinandersetzungen zwischen Journalisten und Polizisten gegeben. Obgleich Polizeipressesprecher Manfred Füllhardt gegenüber der Tageszeitung Junge Welt bestätigt hatte, dass das Waldgebiet im Besitz der Stadt Kelsterbach ist, behaupteten Polizisten vor Ort immer wieder: Sie hätten dort „das Hausrecht der Fraport“ zu schützen. Journalisten wurde der Zutritt zum öffentlichen Gelände verweigert, sie wurden aufgefordert, ihre Taschen durchsuchen zu lassen. Höhepunkt aber war: Während der Räumung des Camps filmten Mitarbeiter der Flughafengesellschaft mit versteckter Kamera unter ihren Helmen Pressevertreter bei ihrer Arbeit. Was den RTL-Reporter Mark Kohlbecher veranlasste, zu fragen, ob sich Fraport gegen das Grundgesetz stelle. Weiterhin interessiert die Journalisten, was mit den heimlich gemachten Aufnahmen passiert. Das ruft die Datenschützer auf den Plan.
Ungeklärt ist in der Tat, ob es eine Rechtsgrundlage für all diese Aktionen der Fraport gibt – inklusive der Rodung des öffentlichen Waldes. Dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel liegen 260 Klagen von Bürgerinitiativen und umliegenden Kommunen gegen den Ausbau vor, über die im Hauptsacheverfahren erst im Juni entschieden wird. Sollte der VGH die Klagen abwehren, bliebe den Klägern die Revision beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig. Fragt sich jedoch, was das Gericht dann klären können soll – da der Flughafenkonzern vor dem Urteil unumkehrbare Fakten geschaffen hat: Der Bannwald, der die Bevölkerung in der Region vor Fluglärm schützen sollte, ist zerstört! Journalisten fordern den Hessischen Landtag auf, jene fragwürdigen Begebenheiten zu thematisieren, die in Behinderung der Pressearbeit gipfeln.

Weitere aktuelle Beiträge

Halbzeit bei der UEFA Frauen-EM

UEFA-Women’s Euro 2025 heißt das Turnier nach dem Willen des Europäischen Fußballverbands. Bei den Männern wird auf die geschlechtsspezifische Eingrenzung verzichtet. Möglichweise ein Relikt aus den Zeiten, als das Kicken selbstverständlich eine maskuline Sportart war, vermeintlich ungeeignet für die „zarte Weiblichkeit“. 
mehr »

Ist das der neue Meinungspluralismus?

Es sind nur zwei Fälle. Aber sie haben es in sich, wenn sie für eine Entwicklung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk stehen, die ein politisch bedenkliches Signal sendet. Eine Correctiv-Recherche beleuchtete Anfang Juli die Hintergründe, die nach vier Jahren zur Einstellung eines Klimapodcasts führten. Und eine Ende Juni veröffentlichte taz-Recherche fühlt den Umständen einer Reportage der Focus-online-Kolumnistin Julia Ruhs auf den Zahn, die der NDR ausstrahlte.
mehr »

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »