Schon entdeckt? Hinz und Kunzt

Sie ist mit einer Auflage von 57.000 Exemplaren die größte Straßenzeitung Deutschlands: Die in Hamburg erscheinende Hinz und Kunzt. Monatlich kommt sie heraus. Am Kiosk ist sie nicht zu haben, nur auf der Straße wird Hinz und Kunzt verkauft. Denn die Verkäufer sind Hartz-IV-Empfänger, Wohnungslose oder Rentner, die sich mit dem Verkauf einen Zusatzverdienst sichern. Doch wird Hinz und Kunzt nicht von den Betroffenen selbst gemacht, sondern professionell von Journalisten, Fotografen und Grafikern. Chefredakteurin ist Birgit Müller. Kernthema dieser 48-seitigen Zeitung ist die soziale Berichterstattung, wobei Müller das Blatt als Lobby für sozial Schwache versteht. So greift die Hauptrubrik „Stadtgespräche“ auf, was im Leben sozial Schwacher eine Rolle spielt: Sozial-Reportagen, etwa indem Reporter Obdach- und Wohnungslose begleiten. Sie berichten dann darüber, wie Obdachlose im Winter über die Runden kommen. Soziale Einrichtungen wie die Tafel sind ebenfalls ein Thema. Wichtig ist den Machern zudem, soziale Missstände aufzugreifen; etwa auf überfüllte Wohnheime hinzuweisen. Für Furore sorgte der Beitrag über Thorsten Kuhlmann, CDU-Politiker, der überteuerte Wohnungen in katastrophalen Zuständen an sozial Schwache vermietete. Die Hamburger Morgenpost griff das Thema auf, ebenso der Spiegel. Mit Kommentaren, beispielsweise zu Guido Westerwelles Äußerungen zu Hartz-IV-Empfängern, will Hinz und Kunzt Gegenstandpunkte setzen. Sozialmeldungen wie „Gestiegene Mietpreise“ runden diese „Stadtgespräche“ ab, die immer einen lokalen Bezug haben.
Eine weitere Rubrik heißt „Lebenslinien“, in der etwa ein Projekt für junge Wohnungslose vorgestellt wird. Ausführlich ist zudem der Kulturteil. „Kunzt und Kultur“ so der Titel, stellt neben Hochkultur vor, was nicht zum Mainstream zählt: freie Radios und schräge Bands, oder Interviews mit sozial und politisch engagierten Kulturmenschen wie Regisseur Fatih Akin und Literat Ferdiun Zaimoglu. Hier kommen auch die Verkäuferinnen, Verkäufer selbst zu Wort: unter „Momentaufnahme“ gibt es Porträts, die ebenso in Serie erscheinen wie Interviews, in denen Verkäufer ihr Lieblingsbild aus der Hamburger Kunsthalle vorstellen. Mit vier Seiten Kulturtipps, zwei Rätseln und den Leserbriefen schließt Hinz und Kunzt den unterhaltenden Teil.
Seit 1993 besteht die Zeitung, deren Hauptträger die Diakonie ist. Finanziert wird Hinz und Kunzt durch den Heftverkauf, Spenden, große Anzeigenkunden oder Sponsoren. Letztere werden in der Rubrik „Freunde“ berücksichtigt, indem ein Spenderporträt regelmäßiger Bestandteil des Hefts ist. Auf die Einnahmequelle von Abonnements wird verzichtet. Dadurch will die Straßenzeitung dafür sorgen, dass der Verkauf auf der Straße gesichert ist. 90 Cent verdienen die Verkäufer pro Ausgabe, ein Heft kostet 1,70 Euro.

Weitere aktuelle Beiträge

Schon entdeckt: Soli:Mag

SOLI:MAG ist das Magazin der DGB-Jugend, es ist 2024 hervorgegangen aus dem Newsletter Soli aktuell. Das Printmagazin-Format gab es zwischen 1949 und 1995 bereits. Zurzeit hat es 24 Seiten, entwickelt hat es die Design-Agentur 4S Design aus Berlin. Layout und Satz: Heiko von Schrenk. Redakteur ist der Berliner Journalist Jürgen Kiontke. Druck: DCM Druck Center Meckenheim GmbH. Erscheinungsweise: vierteljährlich. Es ist das einzige regelmäßig erscheinende Print-Magazin der Gewerkschaftsjugend.
mehr »

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »

Smart-Genossenschaft für Selbstständige

Smart klingt nicht nur schlau, sondern ist es auch. Die solidarökonomische Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 2015 vielen selbstständig Tätigen eine bessere und stärkere soziale Absicherung verschafft – genau der Bereich, der bei aller Flexibilität und Selbstbestimmtheit, die das selbstständige Arbeiten mit sich bringt, viel zu oft hinten runterfällt.
mehr »