Schon entdeckt? Crowdspondent

Sie lieben Abenteuer und Online-Journalismus. Kennengelernt haben sich Lisa Altmeier (28) und Steffi Fetz (29) auf der Deutschen Journalistenschule in München. Mit ihrem Projekt „Crowdspondent” probieren sie eine neue Form von Journalismus aus. Die Zuschauer entscheiden die Themen. Und die beiden Crowd-Korrespondentinnen packen Notizblöcke und Kamera in den meterhohen Rucksack – und sind dann mal weg. Im Leserauftrag reisten sie bereits in die brasilia­nischen Favelas und recherchierten im Sperrgebiet von Fuku­shima. Jetzt, ein Jahr vor der Bundestagswahl, fahren sie kreuz und quer durch Deutschland.

Die Idee entstand bei einem Glas Wein. Lisa Altmeier und Steffi Fetz diskutierten darüber, was man im Journalismus anders machen könnte. Die „Crowd”, also die Zuschauer_innen, sagen über die sozialen Netzwerke Twitter, Facebook oder den Crowdspondent-Blog, was wo recherchiert wird und wen die beiden Journalistinnen treffen sollen. Ein Stipendium von VOCER stellte 2013 die Weichen für die erste Crowd-Brasilien-Exkursion. Oben drauf gab es den Medienpreis für die „Top 30 bis 30” vom Medium Magazin. „Das war natürlich ein Ansporn zum Weitermachen”, erzählen sie. Herausgekommen sind seitdem etliche Mini-Videos, eine TV-Reportage und das Buch „Nix wie Heimat”.

„Wir experimentieren gern.” Es ist zwar nicht das Geld, dem die beiden Vorreiterinnen des Crowd-Journalismus nachjagen. Von Luft und der Begeisterung für den Traumjob allein können sie jedoch auch nicht leben. Kunden wie ARD, ZDF, Süddeutsche Zeitung oder Zeit Online kaufen ihre Beiträge. Die Recherchekosten lassen sie sich vorab über das Crowdfunding-Portal „Startnext” finanzieren. Auch ihr aktuelles Projekt unterstützen die Leser_innen. „Was ist los mit Dir, Deutschland?” Die politische Recherche soll ein Versuch sein, zerstrittene Lager miteinander ins Gespräch zu bringen. Menschen mit unterschiedlichen politischen Ansichten treffen kaum noch aufeinander, so die These. Die Diskussionskultur im Netz sei merklich schlechter geworden. „Das wollen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten verbessern.” Lisa Altmeier und Steffi Fetz besuchten beispielsweise mit einem linken Künstler eine Pegida-Demonstration in Dresden. Sie verbrachten eine Nacht im Berliner Kältebus und untersuchten, was für Obdachlose getan wird. Und sie begleiteten eine Bürgerinitiative, die mittels Bürgerentscheid gegen die Schließung einer Grundschule kämpft. Mit dabei ist immer eine Kamera. Ende Januar 2017 soll alles abgedreht sein. Geplant sind zehn Videos à zehn Minuten, die sie auf dem Crowdspondent-Blog veröffentlichen.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »

Smart-Genossenschaft für Selbstständige

Smart klingt nicht nur schlau, sondern ist es auch. Die solidarökonomische Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 2015 vielen selbstständig Tätigen eine bessere und stärkere soziale Absicherung verschafft – genau der Bereich, der bei aller Flexibilität und Selbstbestimmtheit, die das selbstständige Arbeiten mit sich bringt, viel zu oft hinten runterfällt.
mehr »

Medienkompetenz: Von Finnland lernen

Finnland ist besonders gut darin, seine Bevölkerung gegen Desinformation und Fake News zu wappnen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Schulen, aber die Strategie des Landes geht weit über den Unterricht hinaus. Denn Medienbildung ist in Finnland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auf vielen Ebenen in den Alltag integriert ist und alle Altersgruppen anspricht. Politiker*innen in Deutschland fordern, sich daran ein Beispiel zu nehmen. Kann das gelingen?
mehr »