Schon während seines Studiums habe er sich aufgeregt, dass Medien selten und wenn, dann meist unsachlich über Migrant_innen berichteten, erinnert sich der Jurist Ekrem Şenol aus dem bergischen Overath. So entstand im Jahr 2009 die Idee, ein eigenes Medium zu gründen, das MiGAZIN – eine Online-Plattform, die aus vielfältiger Perspektive über Migration und Migrantinnen und Migranten berichtet.
Das Spektrum reicht von Politik über Wirtschaft und Recht bis zu Gesellschaft: Eine Studie zeigt, dass Araber die EU zunehmend kritisch sehen. Tipps für die Jobsuche in Deutschland. Artikel zu Obdachlosigkeit, Südländerphobie oder Antisemitismus. Hinzu kommen Rezensionen und Videointerviews. Auf der Meinungsseite ein Kommentar, ob denn nun wirklich Araber- und Türkenclans die Berliner Polizei infiltrierten oder ob nicht viel mehr die Berichterstattung darüber rassistisch und einseitig sei.
Die Kommentarfunktion auf der Seite werde moderiert, sonst würde man sich vor Hass- und Hetzeinträgen nicht mehr retten können, sagt MiGAZIN-Gründer und -Chefredakteur Şenol. Bis heute schreiben hier professionelle Journalist_innen ehrenamtlich ohne Honorar oder sind Paten für Jungautor_innen. Motto: MiGMACHEN! Täglich werden zwei bis zehn Artikel auf Deutsch veröffentlicht. Morgens geht dazu der tägliche Newsletter an rund 14.000 Abonnent_innen raus. Nach eigenen Angaben gibt es pro Monat bis zu 500.000 Seitenaufrufe.
Die Leser_innen seien zur Hälfte „Biodeutsche“ und zur anderen Hälfte Menschen mit Migrationshintergrund. Heute wird die Plattform von fünf Redakteuren betreut, die allerdings ebenfalls kein Gehalt bekommen. Şenol selbst verdient sein Geld als freier Berater. Die bislang nur spärlichen Werbeeinnahmen fließen in die Technik und das Abonnement von Presseagenturen. Bald solle es jedoch einen Relaunch geben, da das Layout ziemlich in die Jahre gekommen sei, kündigt der Chefredakteur an. Aber man werde bescheiden bleiben – auch, weil man sich nicht von Sponsoren oder kurzfristiger Unterstützung etwa durch Stiftungen oder Ministerien abhängig machen wolle.
Die Ehrung mit dem Grimme Online Award 2012 in der Kategorie „Information“ habe dem MiGAZIN zwar nicht mehr Geld, dafür aber mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung gebracht. Vorher sei man etwa von renommierten Zeitungen zitiert worden ohne namentlich genannt zu werden. Heute würde das nicht mehr vorkommen.
Und wie soll es weitergehen? Aus dem Online-MiGAZIN ein Printprodukt machen? Ja, darüber sei schon nachgedacht worden, antwortet Chefredakteur Ekrem Şenol. Vielleicht später mal, wenn die Kräfte reichen, sagt er. Und dann hofft er auch, mit steigenden Werbeeinnahmen den vielen freien Autor_innen des MiGAZINs erste, wenn auch bescheidene Honorare zahlen zu können.