Schon entdeckt: Relevanzreporter

Quelle: Relevanzreporter

Mit 524.000 Einwohner*innen ist Nürnberg nicht gerade ein Moloch, aber dennoch eine Großstadt. Mit wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Wandel, Schickeria und Prekariat – sprich: mit allem Drum und Dran. Es gibt genug relevante Themen. Zwei Tageszeitungen nehmen sich dieser an und seit drei Jahren auch ein neues Nürnberger Newsportal: Die Relevanzreporter.

24 Journalist*innen aus Nürnberg und Umgebung schreiben für das Portal, darunter auch welche, die zuvor für die Platzhirsche des Nürnberger Journalismus, „Nürnberger Nachrichten“ und die mittlerweile von ihr geschluckte „Nürnberger Zeitung“ arbeiteten – so wie Gründerin Alexandra Haderlein.

„Als junge Journalistin hatte ich das Gefühl, mit der klassischen Zeitung meine Generation nicht mehr zu erreichen“, sagt sie, „und das hielt ich für fatal. Denn wenn Menschen sich von Nachrichten abwenden, entsteht Raum für Desinformation und Filterblasen.“ Haderlein kündigte. Aufgeben wollte sie aber nicht. „Ich wollte immer einen Journalismus machen, der Menschen hilft, qualifizierte Entscheidungen zu treffen“, sagt Haderlein. „Es musste doch Wege geben, das zu tun!“

Im Frühjahr 2020 begann der „Lokalblog Nürnberg“ als reines Forschungsprojekt. Schnell wurde daraus ein Portal, das die Macher*innen weiterbetreiben wollten. Sie steckten eigenes Geld hinein, holten sich fremdes per Crowdfunding und schärften ihr Profil. „Ich war erstaunt zu merken, dass die Nachrichtenmüdigkeit nicht nur meine Generation betrifft, sondern auch ältere“, sagt Haderlein. „Die Leser wollen mehr, als nur von Problemen hören. Sie wollen auch von möglichen Lösungen lesen.“

Lokal und konstruktiv

Die Idee des konstruktiven Journalismus ist nicht ganz neu, gerät in Zeiten des Aufregungsjournalismus aber oft in Vergessenheit. Die Relevanzreporter wollen nicht nur mit den Lösungsansätzen gegensteuern. Ihre Geschichten nehmen sich Zeit, Themen zu beleuchten, und Fragen zu beantworten, die sich manche Leser*innen anderer Medien oft vergeblich stellen. Was, zum Beispiel, macht eine Bezirksregierung und ihr dazugehöriges Parlament? Institutionen, die im kognitiven Niemandsland zwischen Stadträten und Kreistagen vor der Nasenspitze und dem Landtag am fernen Horizont agieren. Was kann die Minimetropole Nürnberg dazu beitragen, dass die Welt nicht so schnell warm wird? Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen Weltgeschehen und Mittelfranken?

Die Relevanzreporter haben sich von der Hektik des Nachrichtenbetriebs abgekoppelt, berichten lieber im Detail statt über alles. Eine große Recherche pro Woche, dazu ein wöchentlicher Podcast und ein Newsletter sind der Rhythmus, den sie gefunden haben. Gefunden haben sie auch ihre Fans: Über eine Community, die regelmäßig zahlt, trägt sich das Projekt inzwischen zu großen Teilen selbst.

 

 

 

 

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