Abbau statt Zukunft

Verleger halten an Kürzungszielen fest – kein konkretes Gehaltsangebot

In den Tarifverhandlungen für Tageszeitungsredaktionen verweigern die Verleger noch immer ein konkretes Angebot. „Das Rätselraten, über welche Summen wir eigentlich sprechen, hält an“, erklärte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende, Frank Werneke, nach der vierten Verhandlungsrunde für die rund 14.000 Redakteurinnen und Redakteure bei Tageszeitungen.

Protestbesuch bei dem in Bronze gegossenen Altbundeskanzler und Journalisten Willy Brandt (vorn, Dritter von links). Foto: Roland Fengler
Protestbesuch bei dem in Bronze
gegossenen Altbundeskanzler
und Journalisten Willy Brandt
(vorn, Dritter von links).
Foto: Roland Fengler

Als „Tarifwerk der Zukunft“ bezeichnet der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) seine Vorstellungen, die sich sehr schnell als Forderung nach massiven Verschlechterungen und spürbaren Einschnitten für Zeitungsredakteurinnen und -redakteure entpuppten. Öffentlich angekündigt war für die dritte Verhandlungsrunde ein komplett überarbeiteter Tarifvertragsentwurf. Vorgelegt wurde von den Verleger-Vertretern nur ein vierseitiges Eckpunkte-Papier mit wenig Konkretem. Ein Angebot für eine Gehaltserhöhung kam weder in der dritten noch in der vierten Verhandlungsrunde am 29. Oktober in Frankfurt/Main auf den Tisch. Was sich anhand der vorgelegten Eckpunkte abzeichnet, ist das Beharren der BDZV-Vertreter auf differenzierten Gehältern entsprechend eines Kaufkraftindexes in einer Region, ohne zu beziffern wie eine Gehaltsentwicklung überhaupt aussehen könnte. Verlangt werden Abstriche bei der Urlaubsdauer, beim Urlaubsgeld und der Jahresleistung. Auf eine Stufensteigerung nach Berufsjahren müsste nach Vorstellung des BDZV die überwiegende Mehrheit der Redakteurinnen und Redakteure verzichten oder erst mal 15 Jahre warten.
Auch in der vierten Runde ließen die Verleger keinen Zweifel daran, dass ihr Ziel spürbare Kürzungen sind. Um das zu erreichen, setzten sie auf unterschiedliche „Stellschrauben“. Am Konkretesten wurden sie Ende Oktober in Bezug auf einzelne Regelungen im Manteltarifvertrag. So sollen etwa das Urlaubsgeld, die tarifliche Jahresleistung oder beides zuerst um einen noch nicht bezifferten Wert gekürzt werden. Die daraus resultierenden Beträge sollen dann als Fixbeträge im Manteltarifvertrag (MTV) stehen und nicht dynamisiert, also eingefroren werden. Mit einer Öffnungsklausel soll es möglich werden, auf betrieblicher Ebene im Rahmen der erzwingbaren Betriebsvereinbarung, die verbleibenden Beträge für Jahresleistung und Urlaubsgeld in einem festzulegenden Korridor erfolgsabhängig auszugestalten. Ziel des BDZV sei es auf jeden Fall, bei der Jahresleistung und beim Urlaubsgeld sowie über eine Neugestaltung der Gehaltsgruppen sowohl sofort als auch langfristig Kosten zu senken, heißt es in der aktuellen dju-Tarifinformation.
Insgesamt sei die Aufstellung der Verleger in dieser Tarifrunde enttäuschend. „Abbau statt Zukunft ist die Devise. Von einer auf zeitgemäßes Arbeiten in den Redaktionen ausgerichteten Tarifpolitik erwarte ich, dass sie dem Reallohnverlust der Journalistinnen und Journalisten mit spürbaren Gehaltserhöhungen Rechnung trägt und Online- wie Printredakteuren angemessene Perspektiven in ihrer beruflichen Laufbahn eröffnet“, sagte Frank Werneke.
Die dju in ver.di habe in den Verhandlungen immer wieder bekräftigt, keine materiellen Verschlechterungen zu vereinbaren. Mit dieser Prämisse gehe die Verhandlungskommission auch in die fünfte Verhandlungsrunde am 11. November in Berlin. „Mit einem Forderungspapier, das wir gemeinsam mit dem DJV vorlegen werden, wollen wir deutlich machen, dass es uns neben spürbaren Erhöhungen der Gehälter und Honorare, neben einer Ausweitung des Geltungsbereichs unserer Tarifverträge auf die steigende Zahl der Online-Redakteurinnen und -Redakteure und einer Modernisierung der Volontariate darum geht, die Bedingungen für die Kolleginnen und Kollegen insgesamt zu verbessern: Zum Beispiel durch angemessenere Zuschläge für Wochenendarbeit“, wird in der Tarifinformation bekräftigt.

Eine ausführliche Bewertung der vorliegenden Arbeitgeber-Ideen: http://tinyurl.com/krotqjj
dju-Tarifinfo: http://dju.verdi.de/geld/tarif-news
Kampagne: Jetzt rein in die dju! https://dju.verdi.de/rein

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Rechtes Rauschen im Blätterwald

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.
mehr »

Rundfunkfinanzierung in der Sackgasse

Bisher war Einstimmigkeit gefordert, wenn es um rundfunkpolitische Fragen ging. Die Ministerpräsident*innen der Länder sollen gemeinsam agieren, zum Schutz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Kein einfaches Unterfangen, wenn es um das Thema Rundfunkfinanzierung geht. Dass diese Praxis nun überarbeitet wird, ist Ausdruck einer Krise – wenn nicht der Demokratie, dann doch zumindest der Rundfunkpolitik der Länder.
mehr »