„Berliner Morgenpost“ auf Diät gesetzt

Honorartopf für Freie um 15 Prozent gekürzt

Im Axel Springer Verlag wird gespart. In der B.Z. wird daran gearbeitet, 30 Redakteurstellen einzusparen. Auch für die „Berliner Morgenpost“ heißt es trotz schwarzer Zahlen, den Gürtel enger zu schnallen.

Konkret bedeutet das, die Zeitung wird täglich um vier Seiten dünner, bisher anzeigenfreie, wöchentliche Seiten wie Wissenschaft, Hochschule, Jugend und Familie müssen redaktionellen Platz für Werbung abgeben.

Weitere Schritte können folgen, verlautete aus der Chefredaktion. Außerdem soll der Honorartopf quer durch alle Ressorts um 15 Prozent schrumpfen. Erste Pauschalverträge wurden gekündigt. Nicht ausgeschlossen ist, dass weitere folgen.

Die Seiteneinsparungen treffen auch die acht Lokalanzeiger des für seine regionale Kompetenz bekannten Blattes. Für die zirka 90 Kolleginnen und Kollegen, die täglich die Lokalseiten füllen, kam die Hiobsbotschaft überraschend. Am Freitag, dem 14. September, sagte man einer Vielzahl sogenannter Zeilenfreier, dass ihre Arbeit am folgenden Montag oder Dienstag nicht mehr benötigt werde. Es wird nur noch eine Seite Aktuelles aus den jeweiligen Bezirken geben, anstatt zwei wie es bisher der Fall war. Einige der „gekündigten“ Freiberufler haben überwiegend für die Berliner Morgenpost gearbeitet. Viele sind wütend. „Wir sind die Leidtragenden der Kürzungen und zwar hopp auf topp, ohne die geringste Chance, sich innerhalb eines Übergangszeitraumes um irgendeinen Job zu kümmern“, mailte eine der betroffenen Journalistinnen. „So wie mit uns umgegangen wird, sollte man mit Menschen nicht umgehen.“ Sie fordert dazu auf, sich nicht „ohne Murren kaltstellen zu lassen“ und in Kontakt zu bleiben. Die Gewerkschaften stehen als Berater zur Seite. In einigen Fällen wird geprüft, ob Kollegen mit arbeitnehmerähnlichem Status auf Festeinstellung klagen.

Es ist nur wenige Monate her, dass freie Journalisten des Lokalteils der „Berliner Morgenpost“ um ihre Verwertungs- und Urheberrechte stritten (siehe M 5/01). Infolge des Sparkurses wird seit einigen Monaten der Lokalteil des Springer-Blattes „Die Welt“ mit Texten aus der „Morgenpost“ bestückt. Dafür wollte man den Redakteuren kein Honorar zahlen. Und auch die Namensnennung unter einem weiteren Abdruck wurde in Frage gestellt. Es wurde verlangt, dass die Journalisten ihre gesamten Verwertungsrechte bedingungslos an den Springer-Verlag abtreten. Das heißt im Klartext: kostenlose Verwertung von „Content“ in allen Printmedien des Konzerns und in den Online-Produkten. Mit heftigen Protesten konnte diese Vorgehensweise noch einmal abgeblockt werden.

Bei kritischer Betrachtung der Kürzungen der letzten Monate stellt sich die Frage, ob das der Anfang vom Ende der Lokalanzeiger ist und, wo der Rotstift demnächst angesetzt wird. Davon abgesehen, dass beispielsweise Kürzungen des Honorarfonds in dem beabsichtigten erheblichen Maße nicht ohne Auswirkungen auf die Qualität der Zeitung bleiben dürften. Wenn ein Betriebsrat, wie es hier leider geschehen ist, in dieser Situation erklärt: Es sei für die Freien nicht zuständig und sich nicht einmal die Probleme der Kollegen anhört, denkt er mit Sicherheit zu kurz und engstirnig.

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