Bei der Deutschen Welle (DW) in Bonn haben sich heute rund 60 Beschäftigte an einer aktiven Mittagspause beteiligt. Vergangene Woche Dienstag hatten sich zum gleichen Zweck rund 80 DW-Mitarbeitende in Berlin versammelt. Grund sind die von Gewerkschaftsseite für gescheitert erklärten Tarifverhandlungen, nachdem die Geschäftsleitung statt der im Januar per Eckpunktepapier verabredeten 6,2 Prozent Tariferhöhung nun nur noch drei Prozent angeboten hatte.
Eigentlich schien schon alles in trockenen Tüchern: Ende Januar dieses Jahres hatten sich die Gewerkschaften und die Geschäftsleitung der Deutschen Welle auf ein Eckpunktepapier geeinigt, das die Ergebnisse der Tarifverhandlungen festhielt. Danach sollten die Beschäftigten über 33 Monate insgesamt 6,2 Prozent mehr Geld erhalten, Auszubildende und Volontär*innen jährlich 50 Euro. ver.di hatte zudem gefordert, das vereinbarte Volumen in Form eines Festbetrags zu verteilen, von dem besonders die unteren Gehaltsgruppen profitieren würden. Eine Diskussion darüber war aus Sicht der Gewerkschaft aber von der DW-Geschäftsleitung verschleppt worden – bevor die Tarifverhandlungen dann wegen der Corona-Pandemie unterbrochen werden mussten.
Die Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen im Juni begann aus Sicht von ver.di mit einem „Wortbruch“. Statt der vereinbarten 6,2 Prozent bot die Deutsche Welle nun eine Gehalts- und Honorar-Erhöhung von drei Prozent über 33 Monate, also etwa einem Prozent pro Jahr an. „Damit wären die Beschäftigten der DW nicht nur von der positiven Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft in den letzten Jahren abgekoppelt, sondern auch von der von Wirtschaftsexperten prognostizierten Entwicklung der Inflation“, kritisierte Klaus Barm, Mitglied im ver.di Tarifausschuss bei der Deutschen Welle.
DW-Verwaltungsdirektorin Barbara Massing habe das veränderte Angebot in einem Schreiben an die Mitarbeitenden, über das DWDL berichtete, mit der ungewissen Haushaltssituation begründet. Anders als die übrigen öffentlich-rechtlichen Sender wird die DW nicht aus dem Rundfunkbeitrag, sondern aus Steuern finanziert. Massing: „Die Wirtschaft hat deutliche Einschnitte zu verzeichnen, es ist mit einer Erhöhung der Arbeitslosenzahlen in Millionenhöhe zu rechnen und der Bund hat ein von der Höhe her bisher nie dagewesenes Rettungspaket geschnürt, das rein denknotwendig große Risiken für den Bundeshaushalt und damit für den DW-Haushalt beschert. Daran kommen wir als Geschäftsleitung nicht herum. “ Und: „Wir wollen und müssen uns frühzeitig wappnen, um an unserem wichtigen Ziel der Beschäftigungssicherung festhalten zu können.“
Um diesem Risiko einer Verringerung des DW-Budgets durch die Bundesregierung Rechnung zu tragen, boten die Gewerkschaften der Senderleitung ein Sonderkündigungsrecht für den Tarifvertrag an. Doch das lehnte diese ab. Die Gewerkschaften erklärten die Tarifverhandlungen daraufhin am 17. August für gescheitert. „Das ist kein Angebot, sondern Ausdruck mangelnder Wertschätzung. Die Deutsche Welle versucht, neben etwaigen Mehrbelastungen der Corona-Krise weitere Risiken auf die Belegschaft abzuwälzen“, erklärte dazu ver.di-Verhandlungsführerin Kathlen Eggerling. Klaus Barm bezeichnet das Angebot der Arbeitgeberseite auch deshalb als problematisch, weil es bereits in den Vorjahren nur moderate Tariferhöhungen gegeben habe. So habe die Deutsche Welle mit zwei Prozent Tariferhöhung im Jahr 2018 und 2,5 Prozent 2019 unter den Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst gelegen. Dies decke insbesondere bei vielen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht die finanzielle Lücke, die ihnen durch eine Serie von Nullrunden in den 2000er Jahren entstanden sei, so Barm.
Bei der ersten aktiven Mittagspause am vergangenen Dienstag in der Berliner Voltastraße forderte Eggerling die Geschäftsleitung deshalb auf, mit einem ernstgemeinten Angebot an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Solange sich die DW nicht bewegt, werden Arbeitskampfmaßnahmen unausweichlich sein. Der heutige Tag war ein guter Auftakt! Die nächsten Aktionen folgen…“, so die Gewerkschafterin.