Eiertanz

Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag

Schon vor der Berliner Runde war die Debatte in der Verhandlungskommission gekennzeichnet von einem anhaltenden Eiertanz zwischen zwei Grundpositionen.

Die eine hieß, man müsse trotz inhaltlicher Abstriche alsbald abschließen, weil der Streikdruck nicht ausreiche, um die Verleger aus ihren Beton-Positionen zu treiben. Die andere besagte, wir müssten weiter verhandeln und alle taktischen, strategischen und bündnispolitischen Möglichkeiten zur Steigerung des Drucks auf die Verleger nutzen, weil die eindeutige Botschaft aus den allermeisten Streikbetrieben und die unveränderte Beschlusslage der Tarifkommission laute, insbesondere bei der Urlaubsdauer keine nachhaltig wirkende Tarifabsenkung hinzunehmen.

Bei aller Skepsis darüber, ob die Fortführung des Tarifkonfliktes zu einem aus unserer Sicht erträglicheren Ergebnis geführt hätte, bin ich persönlich allerdings davon überzeugt, dass wir in Berlin objektiv nicht unter einem Abschlusszwang standen. Zum Ergebnis selbst: Dies ist beileibe kein (Teil-)Erfolg – der Aufwand, den die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und ihre Organisationen getrieben haben, und der tarifpolitische „Ertrag“ stehen in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander. Und dennoch haben wir auch einen gewaltigen Erfolg zu verzeichnen: Eine Streikbereitschaft und Politisierung in den Redaktionen, wie sie in dieser Breite, Stabilität und Entschlossenheit nicht erwartet werden konnte. Die war und ist großartig!

Malte Hinz,
Mitglied der Verhandlungskommission

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

„Das Problem mit der Leidenschaft“

Lena Hipp ist Professorin für Soziologie an der Universität Potsdam und leitet die Forschungsgruppe „Arbeit und Fürsorge“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Mit M sprach sie über „Gute Arbeit“, Stressoren im Journalismus und weshalb die Trennung von Arbeit und Privatleben für Medienschaffende so wichtig ist.
mehr »

Die Verantwortung der Redaktionen

Auf die mentale Gesundheit zu achten, ist keine individuelle Aufgabe. Auch Arbeitgeber*innen können und sollten etwas für psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter*innen tun. Wie funktioniert das in einer Branche, die so geprägt ist von Zeit und Leistungsdruck und belastenden Inhalten wie der Journalismus? Wir haben uns in zwei Redaktionen umgehört, die sich dazu Gedanken gemacht haben: das Magazin Neue Narrative und der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ).
mehr »

Gewalterfahrung im Lokaljournalismus

In Deutschland hat sich die Zahl der gewalttätigen Übergriffe auf Journalist*innen deutlich erhöht. Viele der Übergriffe finden am Rande von Demonstrationen statt. Der Thüringer Journalist Fabian Klaus recherchiert zu Rechtsextremismus und wird deshalb bedroht. Mit M sprach er über zunehmende Bedrohungslagen im Lokaljournalismus und die Unterstützung aus den Redaktionen.
mehr »

Media Hub Riga: Ein sicherer Ort

Wer den Media Hub Riga besuchen will, bekommt vorab von Leiterin Sabīne Sīle die Anweisung, die Adresse nicht weiterzugeben und keine Fotos zu machen, die seine Lage preisgeben. Drinnen wartet die alltägliche Atmosphäre eines Büros. Der Media Hub wirkt wie ein gewöhnlicher Co Working-Space – nur freundlicher. An den Wänden hängen Fotos von lächelnden Menschen am Strand, eine Girlande aus Orangenscheiben schmückt den Flur. Luftballons, auf denen „Happy Birthday“ steht, zeugen von einer Geburtstagsparty.
mehr »