Erste Ergebnisse in Sicht

Seit fünf Jahren Vergütungsverhandlungen für angemessene Honorare

Am 2. Oktober dieses Jahres wurde verhandelt. Mal wieder ging es um das Wichtigste für Freie: um die Höhe ihrer Honorare. Seit über fünf Jahren schon verhandeln der Bundesverband der Zeitungsverleger (BDZV) und die Gewerkschaften verdi und DJV. Auch darum erhalten die meisten Freien im Printbereich immer noch keine angemessenen Honorare, obwohl diese seit 2002 auf Grund des Urhebervertragsgesetzes verpflichtend wären. Jetzt scheint es, als kämen bald Ergebnisse. Hoffentlich – denn es wird Zeit.

Rückblick: Zum Jahresschluss 2001 und zum Jahresanfang 2002 war der Bundesverband der Zeitungsverleger (BDZV) höchst aktiv. Mit einer Anzeigenkampagne kämpfte er gegen das neue Gesetz, das freien Autorinnen und Autoren angemessene Honorare bringen sollte. Die Verleger sahen das Überleben ihrer Medien gefährdet. Doch in den zentralen Punkten blieb Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin wie auch Bundestag und Bundesrat klar. Auf den Punkt gebracht: Das neue – schon seit Jahrzehnten auf eine Novellierung wartende – Urhebervertragsgesetz legte für Freiberufler das Recht auf angemessene Honorare fest. Konkret heißt es im Paragraphen 32, Absatz 1: „Der Urherber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart.“ Und weiter: „Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.“
Doch die spannende Frage ist: Was bedeutet „angemessene Vergütung“? Auch dazu hat das Gesetz Vorgaben gemacht: Verleger und Gewerkschaften sind in der Pflicht, genau diese Werte auszuhandeln. Im Prinzip sind es so etwas wie Tarifverhandlungen, nur eben für die, die über keinen Tarifvertrag erfasst werden. Denn wer als arbeitnehmerähnlicher Freier für Zeitungen arbeitet und die Honorare erhält, die sich aus dem dafür geltenden Tarifvertrag ergeben, ist vom neuen Gesetz nicht betroffen. Es gilt für all die, die „vogelfrei“ für die Medien arbeiten – beispielsweise einen Bauchladen voller Tageszeitungen bedienen.
Schon bald nach Verabschiedung des Gesetzes lagen die ersten Verhandlungsvorschläge von ver.di auf dem Tisch, ein gemeinsames Angebot von ver.di und DJV an die Zeitungsverleger folgte. Dies ist jetzt über fünf Jahre her. Immerhin, seit Januar 2003 wird verhandelt, die Rechtefrage und auch die Struktur der Vergütung scheinen mittlerweile einvernehmlich geregelt. Dabei konnten die Gewerkschaften den Großteil ihrer Forderungen realisieren. So mussten die Zeitungsverleger abrücken von ihrer Vorstellung, für kleines Geld – mehr sind ja auch die angemessenen Honorare nicht – gleich alle Rechte zu kassieren. Vereinbart wurde bislang, dass:

  • das Erstveröffentlichungsrecht im Verbreitungsgebiet des Mediums gekauft wird;
  • die Veröffentlichung in einem Redaktionsverbund (sofern dafür bestellt wurde) abgegolten ist;
  • nur die aktuelle Online-Nutzung erlaubt wird und
  • der Beitrag im hauseigenen Archiv, in der eigenen Datenbank oder zum persönlichen Gebrauch Dritter gespeichert werden darf.

Damit sind beispielsweise Mehrfachverwertungen weiterhin möglich. Weitere Nutzungen durch den Verlag sind ebenfalls erlaubt, allerdings sollen dann die freien Autoren am Erlös beteiligt werden.
Die Vergütungsstruktur orientiert sich am Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Freie. Dazu wurden Auflagenstaffeln eingeführt, nach denen sich die Honorarhöhe bemisst. Im oberen Bereich werden stärker die Medien mit hohen Auflagen berücksichtigt. Das heißt: Beiträge für Medien mit einer Auflage über 200.000 Exemplaren werden besonders gut honoriert. Im Gegensatz zu den Tarifverträgen für arbeitnehmerähnliche Freie, die zu fixen Zeilensätzen schreiben, wird die Struktur für die anderen Freien mit Honorarspannen arbeiten. Sie geben den Verlagen ein gewisses Maß an Flexibilität. Wichtig ist, dass es künftig eine klare Grenze nach unten gibt. Das Mindesthonorar ist das Maß der sozialen Absicherung. Das liegt zwar nicht auf Höhe der Honorare für arbeitnehmerähnliche Freie. Doch es ist für viele Freie gerade an den Lokalzeitungen etwa das Vierfache der heute gezahlten Honorare.
Dennoch ist die neue Vergütungsstruktur noch nicht unterschrieben. Weiter gestritten wird über die konkreten Honorarhöhen und darüber, wie denn damit umgegangen wird, dass die Verleger gern die Beiträge im Rahmen der Redaktionsgemeinschaften ausgiebig nutzen würden. Dies ist für Freie ein wichtiger Punkt, da einerseits die Zahl der Kooperationen zunimmt und andererseits die Mehrfachverwertung ein wichtiges Element der Freien Überlebensstrategie ist. Geplant ist auch, in ähnlicher Form mit den Bildhonoraren zu verfahren. Auch dort wird eine Auflagenstaffel eingeführt – und es wird Honorarspannen geben.
Etwas länger dauern werden die Verhandlungen mit den Zeitschriften-Verlegern. Denn sie betreten absolutes Neuland. Im Segment der Zeitschriften gab es bislang noch keine tarifvertraglich vereinbarten Honorare für arbeitnehmerähnliche Freie. Doch auch für Zeitschriften gilt das Urhebervertragsgesetz – und damit die Verpflichtung, faire Honorare zu zahlen.
Klar ist: Mit den neuen Vergütungsregeln haben mehr Freie eine realistische Chance, von ihrer Arbeit zu leben. Und sicher ist auch: Sie sind nicht der Grund, wenn Verlage in ökonomische Schieflage geraten. Aber auch wenn die angemessenen Honorare gesetzliche Vorschrift sind, muss jeder und jede einzelne Freie dafür sorgen, dass dieses Recht auch umgesetzt wird. Erfahrungsgemäß werden nicht alle Redaktionen die neuen Vorschriften reibungslos umsetzen. In solchen Fällen hilft der ver.di-Rechtsschutz. Denn neu wird dann sein: Endlich gibt es für alle klar definierte Mindesthonorare.

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