Finanziert von rechts

Foto: Jana Wraneschitz

„Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“ Wenn Millionen Tageszeitungsabonnenten in dieser Woche die Fernsehbeilage „rtv“ aus den Qualitäts-Printprodukten dieser Republik ziehen, werden sie Bertolt Brechts Zitat aus der Dreigroschenoper bestätigt sehen. „Kopp – Bücher die Ihnen die Augen öffnen! Diese Überschrift ragt deutlich sichtbar über den Titel „rtv – Wissen, was läuft“ hinaus. „Gleich reinschauen!“, werden Abonnenten von Tageszeitungen jeder Couleur aufgefordert. Übrigens nicht zum ersten Mal

Während engagierte Journalist*innen sich gerade um die Moral der Firma Siemens Gedanken machen – die macht ja nun durch die Lieferung der Signaltechnik eine umweltschädliche Kohlemine in Australien erst möglich – schert sich die Chefredaktion von rtv einen Dreck um die Moral der Medien, für die sie „das Fernsehmagazin Ihrer Zeitung“ produziert.

Der extrem rechte Kopp-Verlag wirbt massiv in der Tageszeitungs-Beilage rtv. Foto: Heinz Wraneschitz

In den 16 Seiten des Einhefters wirbt der Kopp-Verlag zwar nur für recht Harmloses wie „Das bessere Gehirn“ oder ein „Praxisbuch DMSO“, in dem über ein „Heilmittel, von Ärzten ignoriert, von der Pharmaindustrie verschwiegen“ berichtet wird.

Wer aber tatsächlich mal „reinschaut“ in die Kopp-Webseite, sieht dort andere Machwerke: „Adolf Hitler – eine Korrektur“, „1939 – der Krieg, der viele Väter hatte“ oder „Chronik Kampfgeschwader 4 >General Wever<“ und viele weitere „Literatur“, die vielen extrem Rechten „wirklich die Augen öffnen“. Mit Hilfe von rtv will Kopp diese Indoktrination des Neo-Nationalen offensichtlich auch bei Leser*innen selbst liberaler Tageszeitungen vorantreiben. Quasi nebenbei, beim Frühstück. Oder abends vor der Glotze.

Wenn Tageszeitungen so skrupellos sind, ihre Fernsehbeilage durch das Werbegeld eines extrem rechten Verlags finanzieren zu lassen: Wie weit her ist es dann mit der Moral der Chefredaktionen und Herausgeber? Oder war es wieder „nur ein Versehen“, wie es beim letzten oder vorletzten oder vorvorletzten Einheften von Kopp-Werbung in rtv jeweils beschwichtigend hieß?

 

 

 

Weitere aktuelle Beiträge

Safer reporting: Schutzkodex auf der re:publica

Das gesellschaftliche Klima ist eines der ganz großen Themen auf der diesjährigen Digitalmesse re:publica in Berlin. Auch Journalist*innen sind zunehmend Hass und Bedrohungen ausgesetzt – bei der Recherche, auf Demos oder in sozialen Medien. Das gefährdet nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Pressefreiheit insgesamt.  Dagegen hilft der Schutzkodex.
mehr »

„Das Arbeitsklima ist extrem hart“

In der Nahaufnahme für das Jahr 2025 beschäftigt sich Reporter ohne Grenzen (RSF) unter anderem mit der deutschen Berichterstattung zum Gaza-Krieg nach dem Überfall der Hamas auf Israel. Von der Organisation befragte Journalist*innen sprechen über massiven Druck, Selbstzensur und erodierende journalistische Standards. Ein Interview mit Katharina Weiß, Referentin bei Reporter ohne Grenzen Deutschland.
mehr »

Weniger Demokratie wagen

Mit dem Slogan „Medienvielfalt stärken – Meinungsfreiheit sichern“ ist die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD angetreten.  Keine Koalitionsvereinbarung ohne Bekenntnis zur „flächendeckenden Versorgung mit journalistischen Angeboten“. Aber halt: Hieß es nicht bei der Ampel (und der letzten Merkel-Regierung!) noch „flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen“?
mehr »

AfD-Einstufung zwingt Rundfunkgremien zum Handeln

Das zunächst unter Verschluss gehaltene Gutachten des Verfassungsschutzes, welches zur Einstufung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistische Partei“ führte, wurde nunmehr durch Medien veröffentlicht. Innenminister Dobrindt ließ zunächst offen, inwiefern juristische Schritte gegen die Veröffentlichung geplant seien. Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im Bundesvorstand von ver.di, begrüßt, dass nun öffentlich über das Zustandekommen der Einstufung diskutiert werden kann.
mehr »