Haufenweise Geld verschenkt

Berechnung des Urlaubsentgelts für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitungen

Daß Redakteurinnen und Redakteure an deutschen Tageszeitungen zu gut „alimentiert“ sind, ist eine oft von Verlegerseite gehörte Aussage bei Tarifverhandlungen. Daß Redakteurinnen und Redakteure an deutschen Tageszeitungen haufenweise Geld verschenken, indem sie geleistete Mehrarbeit ihren Verlegern nicht als Überstunden in Rechnung stellen, ist eine unbestrittene Tatsache.

Doch spendabel zeigen sich viele Kolleginnen und Kollegen auch beim Verzicht auf den ihnen zustehenden Ausgleich bei der Berechnung des Urlaubsentgelts, nämlich den Ausgleich für an Sonn- und Feiertagen geleistete Arbeit. Gemäß Bundesurlaubsgesetz (§ 11) haben Beschäftigte gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsentgelt. Dieses bemißt sich nach dem „durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer (der Gesetzestext benutzt hier lediglich die männliche Form, Anm. d. Verf.) in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes“. Doch wie bemißt sich der „durchschnittliche Arbeitsverdienst“, sprich Ausgleich für die geleisteten Sonn- und Feiertagsdienste während der vorangegangenen drei Monate?

Ganz einfach: Beleuchten wir das Beispiel einer Redakteurin, die im Kalenderjahr 1998 einen Großteil ihres Urlaubs gleich zu Jahresbeginn genommen hat. Den Rest der ihr zustehenden Urlaubstage nahm sie vom 5. bis 12. Oktober (6 Tage Urlaub) und vom 2. bis 6. November (5 Urlaubstage). Als Urlaubsentgelt stehen ihr neben dem normalen Grundgehalt für den Oktober-Urlaub zu: Die Summe der im Juli, August und September geleisteten Sonntagsdienste (z. B. 7 Dienste = 1050 DM). Diesen Betrag dividieren wir durch 65 (= Vereinbarter Durchschnitt der Arbeitstage in drei Monaten) und multiplizieren das Ergebnis (16,15 DM) mit der Zahl der Urlaubstage im Oktober, also 6. Das der Kollegin für Oktober zu zahlende zusätzliche Urlaubsentgelt beträgt demnach 96,90 DM.

Der Entgeltanspruch für die Fünf Tage November-Urlaub wird zunächst genauso errechnet. Im August, September und Oktober war die Kollegin jeweils zweimal sonntags für den Verlag im Einsatz. Zu den 900 DM Sonntagsdienst-Zahlungen addieren wir jetzt aber das für den Oktober-Urlaub gezahlte Entgelt von 96,90 Mark hinzu, was 996,90 DM ergibt. Diese Summe teilen wir wie gehabt durch 65 (Arbeitstage in drei Monaten). Die errechneten 15,33 DM multiplizieren wir mit 5 (Urlaubstage im November) und erhalten so das Urlaubsentgelt von 76,65 DM. Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts spielt die Höhe des Brutto-Einkommens selbstverständlich überhaupt keine Rolle, es geht ausschließlich um die Zahl der geleisteten Sonn- und Feiertagsdienste.

Diejenigen Redakteurinnen und Redakteure, die bisher kein Urlaubsentgelt bekommen haben, haben seit dem letzten Urlaub drei Monate Zeit, ihre „nicht erfüllten“ Ansprüche geltend zu machen, wie in § 19 des Manteltarifvertrages vereinbart ist. Sollte der Verlag die Ansprüche der Kollegin/des Kollegen „schriftlich“ ablehnen, so muß dieser Anspruch innerhalb eines halben Jahres nach Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht werden (ebenso § 19 MTV).

 


 

 

Weitere aktuelle Beiträge

Die unendliche Krise des RBB

Der Schock sitzt nach wie vor tief. „2025 wird ein Schicksalsjahr für den RBB“, so die unfrohe Botschaft von Intendantin Ulrike Demmer Ende Januar auf einer Informationsveranstaltung vor der fassungslosen Belegschaft. Was folgte, war ein radikales Sanierungsprogramm für den Sender. Insgesamt 22 Millionen Euro will die Geschäftsleitung am Personal- und Honoraretat einsparen. Das entspricht 10,2 Prozent der bisherigen Aufwendungen und ziemlich genau 254 Vollzeitstellen.
mehr »

Gleichstellung im Journalismus

Lag vor 10 Jahren der Frauenanteil im Journalismus noch bei knapp über 40 Prozent, sind mittlerweile 44 Prozent der Journalist*innen weiblich. Das hat das Leibniz-Institut für Medienforschung ermittelt. In wenigen Jahren kann man möglicherweise von einem Gleichstand sprechen, was die Anzahl der Journalistinnen betrifft. Doch Frauen verdienen auch in den Medien noch immer weniger als Männer. Politischer und gewerkschaftlicher Druck sind noch immer notwendig.
mehr »

Gute Chance für Technikfans

Welche Fähigkeiten müssen junge Journalist*innen für eine gute Berufszukunft mitbringen? Und was raten Ausbilder*innen, Berufserfahrene und Wissenschaftler*innen zur Vorbereitung auf Berufseinstieg und Volontariat? Das waren die Fragen, die das Online-Forum der Initiative Qualität im Journalismus am 31. März, zu beantworten versuchte. Mit Impulsvorträgen, Barcamps und einer Schlussrunde war es ein Tag mit einer breiten Themenpalette und viel Austausch zwischen Jung und Älter.
mehr »

Danica Bensmail: „Widerstände spornen an“

Danica Bensmail hat am ersten März das Amt der dju-Bundesgeschäftsführung übernommen. Ein Gespräch mit „der Neuen“ über kaltes Wasser, die Bedeutung von Paarhufern für Diversity in den Medien und Treppengeländer. Danica Bensmail ist erst wenige Wochen im Amt – eine kleine Ewigkeit und ein Wimpernschlag zugleich. „Die ersten 48 Stunden waren ein wenig wie der sprichwörtliche Wurf ins kalte Wasser“, sagt Danica und lacht. Aber alles halb so wild, so eine Abkühlung belebe schließlich die Sinne.
mehr »