Kurswechsel errungen

Die Geschäftsleitung der neuen Madsack-Töchter Ostsee-Zeitung (OZ) und Lübecker Nachrichten (LN) hat nach teilweise harten Auseinandersetzungen mit ver.di einen Kurswechsel einschlagen müssen. Noch im Sommer letzten Jahres verlangte das Management mehrjährigen Verzicht auf Jahresleistung und Urlaubsgeld, mit dem offen ausgesprochenen Ziel, danach den Bereich der Anzeigenproduktion tariffrei auszulagern oder fremd zu vergeben. Nicht einmal eine Standortsicherung für diese Ausgliederung konnte das Management zusichern. Daraufhin legte ver.di den Schalter um und forderte einen Sozialtarifvertrag für den Fall betriebsbedingter Kündigungen. Drei Warnstreiks mit großer Beteiligung und öffentliche Aktionen zeigten Wirkung: Die Geschäftsführung zog Auslagerungspläne zurück und bot nun tarifvertragsgemäße Reduzierung der Arbeitszeit, aber unter zusätzlichem Verzicht auf Jahresleistung und Urlaubsgeld an. Betroffen sollen die Bereiche der Anzeigenproduktion an beiden Standorten sein, die nunmehr wie ein Betrieb geführt werden sollen. ver.di wies die zusätzlichen Einbußen zurück – und hatte Erfolg: Mit dem Mandat der Mitglieder werden Eckpunkte eines Beschäftigungssicherungstarifvertrages verhandelt, der Ausgliederungen verhindert und zu den Tarifverträgen zurückführt. Auf der Betriebsversammlung der Ostsee-Zeitung Anfang März dazu ver.di-Verhandlungsführer Martin Diekmann: „Die Opfer der Beschäftigten sind hoch, aber ihr Einsatz hat Wirkung gezeigt – der Tarifvertrag gilt.“ Am 6. März haben die Tarifkommissionen der LN und der OZ bei einer gemeinsamen Sitzung den Eckpunkten einer Einigung zugestimmt.
Zeitgleich zu den Streiks fand im Rostocker Hotel Radisson-Blue-Hotel der Neujahrsempfang der Ostsee-Zeitung statt. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering legte auf dem Weg zum Fest einen Stop bei den protestierenden Beschäftigten ein, bevor er auf dem Empfang in seinem Grußwort auf die aktuellen Umbrüche in der Medienbranche einging: „Die Regionalzeitungen sollten nicht das Pfund herschenken, mit dem sie am ehesten wuchern können: die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern.“

 

www.qualitaet-und-vielfalt-sichern.de

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Quartalsbericht liegt vor

Einen detaillierten Blick auf das Mediengeschehen gibt der neue Quartalsbericht. Er speist sich aus den Auswertung von Internetseiten, Zeitungen, Fachzeitschriften, Informationsdiensten, Verbands- und Unternehmenspublikationen. Im Frühjahr nun hat das Internet erstmals das Fernsehen als wichtigste Quelle für „News“ abgelöst. Die gedruckten Auflagen der Pressemedien gehen weiter zurück, die Digitalumsätze legen zu. Fest steht außerdem, Zeitungen erhalten keine Zustellförderung. 
mehr »

Tarifverhandlungen: Unfaire Forderungen

Für die zweite Tarifverhandlungsrunde mit der dju in ver.di hatte der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) ein Angebot zu Tariferhöhungen angekündigt. Doch der Verband legte am 25. Juli in Frankfurt am Main keine konkreten Zahlen vor. Die Tarifverhandlungen hatten am 27. Mai begonnen. Die dju in ver.di fordert zwölf Prozent mehr für Gehälter und Honorare. Damit soll der eingetretene Reallohnverlust ausgeglichen werden.
mehr »

Recherchen für die Demokratie

Die Uhr tickt – politisch und ökologisch. „Der Ton wird rauer, die Angriffe intensiver“, so NDR-Intendant Joachim Knuth im Begrüßungsgespräch mit Daniel Drepper, dem Vorsitzenden der Journalist*innenvereinigung Netzwerk Recherche (NR), die ihre Jahreskonferenz unter das Motto stellte: „Now is the time. Recherchen für die Demokratie“. Etwa 900 Teilnehmende trafen sich beim NDR Fernsehen in Hamburg zu Austausch und Debatte über die Rolle der Medien in Zeiten des politischen Rechtsrucks und der Klimakrise. 
mehr »

Renaissance einer Redaktion in Guatemala

Am 15. Mai 2023 stellte Guatemalas investigative Tageszeitung „elPeriódico“ ihr Erscheinen ein. Rund ein Jahr später sind die Köpfe hinter dem linken Leitmedium mit dem Online-Portal „eP Investiga“ wieder da. Die beiden Buchstaben eP erinnern an den alten Titel des Blattes, das sich dem Kampf gegen die Korruption verschrieben hatte. Offiziell gibt es keine Verbindung zur Familie Zamora und dem nach wie vor in Haft sitzenden Zeitungsgründer José Rubén Zamora. Allerdings tritt das investigative Portal für sein journalistisches Credo ein. 
mehr »