Ein Blick auf Lobbyarbeit und PR gegen Gewerkschaften und Betriebsräte
Union-Busting ist in Deutschland salonfähig geworden – nicht nur in der Medienbranche. Darüber diskutierten auf dem Herbstkongress der Linken Medienakademie Renate Gensch, stellvertretende Bundesvorsitzende der dju in ver.di und Betriebsratsvorsitzende des Berliner Verlags, Tilo Hejhal, Fachanwalt für Medienrecht, und Elmar Wiegand vom Verein Aktion Arbeitsunrecht, Autor und Publizist sowie Mitherausgeber der Union Busting Studie der Otto-Brenner-Stiftung.
Erst kürzlich hatte der Fall des aus fadenscheinigen Gründen entlassenen Betriebsrates des Faltschachtelherstellers Edelmann, Marco P., für großes Aufsehen gesorgt. Aber mehr noch, die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften ist auch zu einer professionellen Dienstleistung geworden. In ganz Deutschland bieten Anwaltskanzleien Seminare an, in denen Unternehmer lernen, wie man seinen Betriebsrat so schnell wie möglich los wird. So berichtete Renate Gensch gleich zu Beginn von Arbeitgebern, die die Betriebsratsarbeit durch vorgeschobene berufliche Verpflichtungen zu stören versuchen. Vor allem aber, so beklagte sie, werde in den Verlagen versucht, tarifliche Standards beispielsweise durch die Auslagerung in Tochterfirmen zu unterlaufen.
Elmar Wiegand erläuterte am Beispiel der Restaurantkette Maredo die professionellen Strategien des Union Busting. Dort hatten die Betreiber der Frankfurter Filiale – eine der wenigen mit Betriebsrat – zunächst Wirtschaftsdetektive engagiert, die nach Kündigungsgründen suchen sollten. Als diese auf Video vorlagen – es handelte sich dabei um das Essen eines Brotkantens – wurden die Mitarbeiter eines abends im Restaurant eingesperrt und mit Hilfe von Anwälten unter Druck gesetzt, ihre Kündigungen zu unterschreiben. Eine PR-Agentur kümmerte sich dann später darum, den Ruf der vor dem Arbeitsgericht klagenden Ex-Mitarbeiter in den Schmutz zu ziehen, während eine Medienkanzlei mit Abmahnungen unliebsame Berichterstattung in den Medien unterband.
Mit Hilfe des Medienrechts könne der Aufbau einer Gegenöffentlichkeit in der Tat wirksam unterbunden werden, bestätigte Hejhal. Berichtende Journalisten und vor allem Blogger, die keinen schützenden Verlag oder Medienanwalt im Rücken hätten, würden einfach mit Abmahnungen eingeschüchtert. In solchen presserechtlichen Verfahren könne aber auch die Gewerkschaft Schutz bieten, betonte er.
Doch welche Strategien der Gegenwehr stehen Betriebsräten und Gewerkschaftern zur Verfügung? Laut §119 des Betriebsverfassungsgesetzes stehe die Betriebsratsbehinderung unter Strafe, erinnerte Wiegand. Nach dem Gesetz könne eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe verhängt werden. Dennoch seien solche Straftaten, so Wiegand, noch nie ernsthaft verfolgt worden. Einen Grund dafür sieht Renate Gensch in der Überlastung der Staatsanwaltschaften und forderte daher die Einrichtung spezieller Abteilungen, die sich ausschließlich mit Straftaten nach §119 des Betriebsverfassungsgesetzes befassen sollen.
Wiegand, dessen Verein Aktion Arbeitsunrecht demnächst auch Seminare zu Gegenmaßnahmen gegen Union Busting anbietet, schlug hingegen vor, durch wirksames Campaigning eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen und die Konflikte durch Berichterstattung aus ihrer lediglich regionalen Bedeutung zu lösen. Außerdem müssten die Namen der betriebsratsfeindlichen Unternehmen publik gemacht werden.
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https://correctiv.org/blog/2015/07/13/der-kampf-um-betriebsraete/