ver.di und der Schauspielverband BFFS haben sich mit Netflix auf Gemeinsame Vergütungsregeln (GVR) geeinigt. Diese sichern den an deutschen Netflix-Serien beteiligten Filmschaffenden eine Beteiligung am weltweiten wirtschaftlichen Erfolg der in 190 Ländern vertriebenen Produktionen zu. Die Vereinbarung ist bisher einmalig und wird als wegweisend für die gesamte Filmbranche in Deutschland und Europa bewertet.
Von den zusätzlichen Vergütungen profitieren alle Kreativen aus den Gewerken Regie, Kamera, Szenen-, Kostüm- und Maskenbild sowie Tongestaltung, Filmmontage und Schauspiel. Die Höhe der zu verteilenden Zahlungen wird berechnet nach der Zahl der sogenannten Completer. Das sind diejenigen Netflix-Abonnent*innen, die eine Serie zu mindestens 90 Prozent gestreamt haben. Wird eine bestimmte Richtgröße an diesen Completern erreicht, zahlt Netflix eine festgelegte Zusatzvergütung. Wird die Richtgröße überstiegen, fällt die Zusatzvergütung auch anteilig höher aus. Und selbst, wenn die Richtgröße nicht erreicht wird, wird ein anteilig geringerer Anteil ausgezahlt. Eine Beteiligung an den kommerziellen Erträgen ist den Filmschaffenden also in jedem Fall sicher, egal wie erfolgreich eine Serie letztendlich ist. Abgerechnet wird jährlich, und zwar „voll automatisch“, wie Matthias von Fintel erläutert, der die GVR auf ver.di-Seite federführend mitverhandelt hat. „Die Filmschaffenden müssen sich nicht selbst melden, sie erhalten von einer Verteilstelle ihre Zusatzvergütungen“, so von Fintel.
Aufgeteilt wird das Geld dann unter den 60-80 Kreativen, die an einer Produktion beteiligt sind. Die Vereinbarung gilt zunächst nur für Serien, und zwar für alle, deren Dreharbeiten nach Abschluss der GVR beginnen. Für die bereits laufenden und sehr erfolgreichen ersten beiden Staffeln von „Dark“ sowie die erste Staffel von „How to Sell Drugs Online (Fast)“ haben ver.di, BFFS und Netflix sich aber zusätzlich auf eine Art Abschlagszahlung geeinigt. Außerdem werden die Urheberinnen und Urheber auch an den Lizenzerlösen etwa aus dem Verkauf einer Serie an andere VoD-Plattformen oder Fernsehsender beteiligt.
Dies ist die erste Vereinbarung dieser Art mit einem Streaming-Dienst, in Deutschland und in Europa. ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz spricht von einer wegweisenden Regelung, „mit der ver.di klare und unbürokratisch geregelte Ansprüche auf deutliche Zusatzvergütungen für Filmschaffende erreicht hat“. Schmitz: „Die Vereinbarung mit Netflix zeigt, wie ein funktionierendes Urheberrecht im Sinne der Kreativen in Zusammenarbeit mit kommerziellen Streamingdiensten ausbuchstabiert werden kann. Es handelt sich um eine Leuchtturm-Vereinbarung und um angemessene Vergütungsregelungen für alle Film-Urheber.“
Von Fintel kündigt an, dass man nun auch mit anderen Streaming-Anbietern wie Sky oder Amazon sowie mit ARD und ZDF mit ihren Mediatheken das Gespräch suchen werde, um darauf zu drängen, „ebenfalls einen fairen Deal mit den Kreativen der Branche zu suchen“.