„Schmuddelkinder“ einer Edelbranche

Tarifvertrag für das Call-Center des Spiegel-Verlages abgeschlossen

Nach mehrmonatigen Verhandlungen konnte im August 2010 ein Gehaltstarifvertrag für die Beschäftigten der Quality Service GmbH (QS) in Hamburg abgeschlossen werden.

QS ist ein Call-Center, das als hundertprozentige Tochter des Spiegel-Verlages Vertriebsaufgaben für den Spiegel übernimmt und zusätzlich für andere renommierte Unternehmen tätig ist. Schicksal der Beschäftigten: Ihre Kunden aus den Zielgruppen von Spiegel und ähnlichen Medienunternehmen bedienen sie auf höchstem Niveau. Aber was Gehälter und Arbeitsbedingungen betrifft, sind sie Schmuddelkinder einer Edelbranche. Das hat Widerstand provoziert.

Begonnen hat alles Ende 2008 mit der Gründung eines Betriebsrates, unterstützt von ver.di. Von den damals etwas mehr als 50 Beschäftigten waren nur wenige in ver.di organisiert. Aber weitaus mehr waren unzufrieden mit Gehältern und Arbeitsbedingungen. Also sollte ein Tarifvertrag abgeschlossen werden. Aber ver.di signalisierte: Ein Tarifvertrag kann erst durchgesetzt und am Leben erhalten werden, wenn ver.di auch Organisationsmacht im Betrieb entfaltet. Die Aktiven im Betrieb legten los und wurden mehr. Nach wenigen Monaten war ein Organisationsgrad von 50 Prozent erreicht. Auf einer ersten Informationsveranstaltung für alle Beschäftigten folgten Mitgliederversammlungen. Schon bald wurde auf einer Betriebsversammlung erklärt: „ver.di ist zur Selbstorganisierung der Beschäftigten geworden.“
In Mitgliederversammlungen wurden die Tarifziele besprochen, schließlich ein Tarifvertragsentwurf ausgearbeitet und beschlossen. Nach mehreren Verhandlungsrunden wurde dann eine Tarifeinigung erreicht, damit auch eine verlässliche Gehaltsstruktur und Gehaltserhöhung. Die bislang geltende und teilweise rechtswidrige Gehaltsordnung hatte sich damit erledigt. Auch ein 13. Gehalt wurde Bestandteil des Tarifvertrages. Insgesamt liegt der Tarifabschluss deutlich über Call-Center-üblichen Gehältern – auch im Vergleich zu Call-Centern anderer Verlage.
Martin Dieckmann, Fachbereichsleiter und Verhandlungsführer, zum Ergebnis: „Alles wurde in die Hände der Beschäftigten und schließlich der Mitglieder gelegt – Stärken und Schwächen des Tarifabschlusses sind Ergebnis dieser Selbstorganisierung im Betrieb. Für alle, auch für die Geschäftsführung, ist nun neu, dass Gehälter und Arbeitsbedingungen von den Mitgliedern selbst ausgehandelt werden.“ Der Tarifabschluss bei QS wird sich, so ver.di, auf tariflose Tochterunternehmen von Medienunternehmen auswirken. Die Beschäftigten sehen, dass es sich lohnt, sich nicht einfach von ver.di „vertreten“ zu lassen, sondern selber als ver.di in Aktion zu treten.
Es ist der erste eigenständige Tarifabschluss in einem Tochterunternehmen der einflussreichen Hamburger Medienkonzerne. „Wir bleiben dran und drin im Betrieb“, sagt Martin Dieckmann. Als nächstes Projekt hat man sich „gute Arbeit“ im Betrieb vorgenommen. Als gutes Beispiel sei es nicht Modell, aber Ansporn für Anstrengungen in ähnlichen Betrieben.

 

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