Solistreiks rechtmäßig

Solidaritätsstreiks von Zeitungsdruckern zugunsten streikender Redakteure sind rechtmäßig. Diese Entscheidung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 19. Juni. Ein Urteil (1 AZR 396/06) von grundsätzlicher Bedeutung schätzt ver.di ein:

„In Zeiten, in denen die Betriebe und Unternehmen immer mehr zersplittert und zerstückelt werden, ist es wichtig, dass das BAG nun die Rechtsprechung der achtziger Jahren zu den Solidaritätsstreiks weiter entwickelt und den neuen Gegebenheiten angepasst hat.“ Eine Stärkung des Solidaritätsgedankens also! Eine Basis, der Zerschlagung von Belegschaften und deren Spaltung mit unterschiedlicher Bezahlung durch Solidarität entgegen zu treten. Ein Ausgangspunkt, sich auf den solidarischen Ursprung zu besinnen, füreinander einzustehen und so mit gebündelten Kräften, Unrecht zu bekämpfen. Und Rückhalt für mehr „zivilen Ungehorsam“ vor allem am Arbeitsplatz, um stärker gewerkschaftliche Kraft zu entfalten. Denn ohne Solidarität – keine Chance!

Die Firma WE-Druck, wo die Oldenburger „Nordwest-Zeitung“ technisch hergestellt wird, hatte ver.di auf Schadenersatz verklagt. Die Gewerkschaft hatte 2004 in der Tarifauseinandersetzung um einen neuen Manteltarifvertrag für Redakteure an Tageszeitungen 20 Drucker aufgerufen, aus Solidarität mit der Redaktion ebenfalls in den Ausstand zu treten. Dafür gab es aus ver.di-Sicht vor allem einen guten Grund: Die Druckerei ist durch die Konzernverflechtung und ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von den Druckaufträgen eng mit der Verlagsgesellschaft verbunden. Sie alle haben denselben sozialen Gegenspieler. Dem folgte das BAG im Gegensatz zu Arbeits- und Landesarbeitsgericht.
Gewerkschaftliche Streiks, die der Unterstützung eines in einem anderen Tarifgebiet geführten Hauptarbeitskampfes dienen, seien von Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz zur Betätigungsfreiheit von Gewerkschaften gedeckt. In einer Pressemitteilung des BAG heißt es weiter: „Dieses Grundrecht schützt alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen. Es überlässt deshalb den Koalitionen die Wahl der Mittel, mit denen sie die Regelung von Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge erreichen wollen. Zu diesen Mitteln gehört auch der Unterstützungsstreik. Seine Zulässigkeit richtet sich – wie bei anderen Arbeitskampfmaßnahmen – nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.“ ver.di habe den Streik bei WE-Druck für geeignet und erforderlich halten dürfen. Und der Erfolg blieb nicht aus!

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

ARD: Durchbruch in Tarifrunde

In dem seit Januar andauernden Tarifkonflikt in ARD-Rundfunkanstalten gibt es erste Verhandlungsergebnisse. Zum Wochenende hin konnte am Freitag (15. November) ein Ergebnis im SWR erreicht werden. Für ver.di ist das ausschlaggebende Ergebnis, dass neben sechs Prozent Tariferhöhungen in zwei Stufen über eine Laufzeit von 25 Monaten auch eine für mittlere und niedrige Tarifgruppen stärker wirkende jährliche Sonderzahlung so stark erhöht wurde, dass es nachhaltige Tarifsteigerungen zwischen sechs und über zehn Prozent gibt.
mehr »

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

rbb-Intendantin blockiert Tarifeinigung

ver.di ruft die Beschäftigten des rbb ab dem 30. Oktober 2024 zu einem dreitägigen Warnstreik auf. Grund ist die Weigerung der Intendantin Ulrike Demmer, den seit dem Frühjahr ausgehandelten Beendigungsschutz-Tarifvertrag für freie Beschäftigte im Programm zu unterzeichnen und in Kraft zu setzen. Dabei hat auch der Verwaltungsrat dem Tarifvertrag schon seit Monaten zugestimmt.
mehr »

Warnstreik bei der Süddeutschen Zeitung

Für die zweite Tarifverhandlungsrunde am 25. Juli 2024 hatten die Verhandler*innen des Zeitungsverlegerverbandes BDZV der dju in ver.di ein Angebot zu Tariferhöhungen angekündigt. Gehalten haben sie das Versprechen nicht. Konkrete Zahlen zur Tariferhöhung blieb der BDZV schuldig. Stattdessen stellte er Gegenforderungen zum Nachteil der Zeitungsredakteur*innen. Heute streikten dagegen über 100 Beschäftigte der Süddeutschen Zeitung. In Nürnberg gab es eine Aktive Mittagspause vor dem Verlag Nürnberger Presse.
mehr »